Medienkompetenz als Schlüssel für Demokratie und soziale Gerechtigkeit

Beschluss der 2. Tagung des 9. Landesparteitags

Bildungspolitik ist Gesellschafts- und Sozialpolitik – sie entscheidet über soziale Teilhabe, Chancengleichheit und den demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Gerade im 21. Jahrhundert, in dem Digitalisierung und KI alle Lebensbereiche prägen, ist dieser Zusammenhang unübersehbar.

Während analoge soziale Räume und klassische Begegnungsorte besonders für Kinder und Jugendliche immer weiter eingeschränkt oder weggespart werden, wirken digitale Plattformen längst als zentrale Lebens- und Sozialisationsräume aller Generationen. Wer diese Lebenswelten ignoriert, überlässt rechtsextremen und antidemokratischen Kräften das Feld. Es liegt in unserer Verantwortung, Demokratie und Teilhabe auch in diesen digitalen Räumen aktiv zu schützen und zu stärken.

Techkonzerne erwirtschaften horrende Summen durch den Konsum von Medien bei Kindern und Jugendlichen, wobei Abhängigkeiten, Mediensucht sowie problematische und bisweilen gefährliche Selbstbilder wissentlich eingesetzt werden. Derweil kapituliert die deutsche Bildungspolitik vor der Aufgabe, digitale Kompetenzen zu vermitteln

Medienkompetenz ist die Kernkompetenz des 21. Jahrhunderts: Sie entscheidet darüber, ob Menschen sich souverän, kritisch und informiert bewegen – oder ob sie Manipulation, Hass, Desinformation und gesellschaftlicher Ausgrenzung ausgeliefert sind. Finnland gilt hier als erfolgreicher Vorreiter, dort wurde Medienkompetenz längst als Demokratie-Werkzeug etabliert: strukturell verankert, fächerübergreifend gestaltet und kontinuierlich evaluiert. Der Umgang mit Fake News, KI-generierten Inhalten, Plattformlogiken und Desinformationskampagnen ist nicht optional, sondern Voraussetzung demokratischer Mündigkeit – für alle Generationen.

Für den Schutz vor den Algorithmen der Digitalkonzerne, die Nutzer*innen zur Profitmaximierung gezielt in die Abhängigkeit treiben sollen, ist aber besonders ein aufgeklärter und kritischer Umgang notwendig. Medienbildung muss daher weit über Technikvermittlung hinausgehen: Sie umfasst Quellenkritik, Faktenprüfung, Verstehen von Algorithmen/KI, digitale Ethik, Schutz vor Manipulation – und echte demokratische Teilhabe. Sie ist inklusiv, barrierefrei und an den realen Lebenswelten sowie an aktuellen technologischen Entwicklungen ausgerichtet.

Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien drohen durch den ungleichen Zugang zu digitalen Medien weiter abgehängt zu werden. Wer kein eigenes Endgerät besitzt, hat kaum Chancen auf eine gute Medienbildung. Gleiche Chancen gelingen nur durch den rechtzeitigen, niedrigschwelligen und sozial gerechten Zugang zu Geräten, Know-how, Infrastruktur und professioneller Begleitung – im Unterricht, in außerschulischen Kontexten, für Familien und alle Generationen. Kurzfristige Projekte reichen nicht: Medienkompetenz muss als dauerhafte, strukturierte Aufgabe begriffen, evaluiert und finanziert werden. 

Schule im 21. Jahrhundert muss strukturell darauf ausgerichtet werden, Schüler*innen zu einer kompetenten, reflektierten und kritischen Mediennutzung auszubilden, darum fordert Die Linke Hamburg:

  1. Alle Schüler*innen müssen mit einem eigenen digitalen Arbeitsgerät ausgestattet werden.
  2. Die Medienbildung von Lehrkräften muss sowohl durch Fortbildungen als auch im Studium deutlich ausgebaut und verpflichtend werden. Auch durch den Auf- und Ausbau des Berufsbildes „Medienpädagogik/ Digitale Bildung“.
  3. Im Rahmen der aktuellen Evaluation der Bildungspläne müssen alle Fächer um Medienbildung und Medienkompetenz ergänzt werden.
  4. Die Stärkung von Recherche-, Informations- und KI-Kompetenzen sowie Lebensweltorientierung und Demokratieförderung müssen in den Lehrplänen verankert werden.
  5. Auch Eltern und Erziehungsberechtigte erhalten systematisch niedrigschwellige Angebote zur Medienkompetenzförderung und zum Schutz vor Desinformation, Manipulation und digitalen Gefahren.
  6. Es ist ein an den Bildungsplänen orientierter, umfangreicher Materialpool für alle Lehrkräfte in allen Fächern einzurichten.
  7. Alle Schulen brauchen zusätzlich finanziertes Personal für die Betreuung der IT-Infrastruktur.
  8. Die Umsetzung der Medienbildung wird anhand festgelegter, transparenter Evaluationskriterien und Monitoring-Instrumente sowie dem EU-Evaluations-Tool "SELFIE"[1] regelmäßig und transparent überprüft.
  9. Schulen müssen gezielt beim Einsatz digitaler basisdemokratischen Konzepte (z.B. AULA) gefördert werden, um die Mitgestaltung des Schulalltags, der Curricula [und der Digitalstrategien der Schulen] durch die Schüler*innen zu ermöglichen.
  10. Maßnahmen und Angebote gegen Cybermobbing, digitale Gewalt und extremistische Ansprachen werden verpflichtend, dauerhaft und mit ausreichend Fachkräften in schulischen und außerschulischen Bildungsangeboten strukturell verankert.
     

[1] SELFIE ist ein kostenloses Tool, das Schulen dabei helfen soll, digitale Technologien in den Unterricht, das Lernen und die Bewertung zu integrieren.

Es basiert auf Forschungsergebnissen und wurde auf Grundlage des Rahmenwerks der Europäischen Kommission zur Förderung des Lernens im digitalen Zeitalter in Bildungseinrichtungen entwickelt.

Dafür sammelt SELFIE anonym die Meinungen von Schüler*innen, Lehrkräften und Schulleiter*innen darüber, wie Digitale Medien in ihrer Schule eingesetzt werden. Dies geschieht anhand von Umfragen.

Auf der Grundlage dieser Eingaben erstellt das Tool einen Bericht der Stärken und Schwächen einer Schule beim Einsatz Digitaler Medien.

SELFIE steht allen Grund-, Sekundar- und Berufsschulen in Europa und darüber hinaus in über 30 Sprachen zur Verfügung und kann von jeder Schule genutzt werden.

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