SPD und Grüne lehnen Arbeit an einem Landesantidiskriminierungsgesetz ab
In der heutigen Bürgerschaftssitzung hat die Linksfraktion einen Entwurf für ein Landesantidiskriminierungsgesetz eingebracht – verbunden mit der Einladung an alle anderen demokratischen Fraktionen, ein solches Gesetz gemeinsam umzusetzen. Doch SPD und Grüne haben diese Einladung ausgeschlagen, den Antrag der Linksfraktion rundheraus abgelehnt und stattdessen einen windelweichen Zusatzantrag verabschiedet, der Diskriminierungen in Hamburg mal prüfen will.
Dazu die beiden Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion.
Sabine Boeddinghaus:“Dieses Verhalten ist ein echtes Armutszeugnis. Wir LINKEN haben in enger Absprache mit den Hamburger Verbänden einen Entwurf vorgelegt, der erreichen will, dass Menschen in Hamburg so bald wie möglich durch eine stabile rechtliche Grundlage vor Diskriminierung geschützt werden können. Unser Entwurf basiert auf einem Antidiskriminierungsgesetz, dass in Berlin längst Realität ist – gemeinsam durchgesetzt von SPD, LINKEN und Grünen und unter einem grünen Justizsenator. Dass Rot-Grün in Hamburg über ein ganz ähnliches Gesetz nun nicht mal reden will, ist billigste Parteipolitik. Wir hatten das schon bei unserem Antrag für die Hotelunterbringung von Obdachlosen: Lieber lehnen die Regierungsparteien vernünftige Ideen der Opposition ab, als von ihrem hohen Senats-Ross runterzuklettern.”
Cansu Özdemir: “Aus meiner Sicht ist das eine schallende rot-grüne Ohrfeige für all die Menschen, die sich in Hamburg diskriminiert fühlen – ob in der Schule, bei Behördengängen, durch die Polizei oder bei städtischen Betrieben. Die Regierungsparteien glauben doch nicht im Ernst, dass unsere Stadt frei von Diskriminierung ist? Vielleicht sollten sie einfach mal mit Menschen reden, die wegen ihrer Hautfarbe, wegen einer Behinderung oder ihres sozialen Status ausgegrenzt werden. Wir jedenfalls haben das getan. Hier hätten wir als Bürgerschaft gemeinsam anknüpfen können. Dass es in Hamburg Handlungsbedarf in Sachen Diskriminierung gibt, ist nun wirklich längst bekannt. Wir sind deshalb entsetzt, dass die Koalitionsfraktionen nicht mal bereit sind, über diesen Gesetzentwurf zu diskutieren.“
Der Hintergrund: Bereits im Mai 2017 hat die Bürgerschaft den Senat mit der Drs. 21/8891 ersucht, “die Antidiskriminierungsstrategie des Senats fortzuschreiben und dahingehend zu überprüfen, ob die gesetzten Ziele erreicht werden und ob die finanzielle und personelle Ausstattung der einzelnen Bestandteile dem aktuellen Bedarf entsprechen.” Die daraufhin vom Senat vorgelegt Evaluation hat deutliche Defizite benannt – auch für den Bereich des Rechtsschutzes. Cansu Özdemir: “Seit einem Jahr wurde versäumt, bekannte Defizite auszuräumen und trotzdem wird unser Gesetzentwurf, durch den ein wesentlicher Defizitsbereich geschlossen werden könnte, rundheraus abgelehnt. Stattdessen beantragen die Regierungsfraktionen heute etwas, das – zumindest auf dem Papier – schon längst existiert und verschieben eine erneute Befassung weit ins nächste Jahr. Wir werden uns jedenfalls als nächstes auf das Ausräumen der lange bekannten Defizite konzentrieren und damit nicht bis zum 31.10.2022 warten. Und wir werden weiterhin die Zusammenarbeit mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren suchen, die im Rahmen einer Online-Veranstaltung unserer Fraktion gerade erst wieder festgestellt haben: Es existiert in Hamburg noch keine Antidiskriminierungsstrategie!”