Eskalation beim Kinderschutz: Behörde muss Eltern eine Brücke bauen und den total überlasteten ASD endlich stärken

Sabine Boeddinghaus

Die Umstände der „Entführung“ der beiden 2 und 3 Jahre alten Kinder aus einem Kinderschutzhaus, soweit sie aus der Medienberichterstattung bekannt sind, werfen Fragen auf. Die Mutter benennt in einer Online-Petition konkrete Faktoren, die darauf hindeuten, dass in ihrem Fall seitens des ASD aufgrund von Überlastung nicht dienst- und fachgemäß gehandelt werden konnte. Sie schildert außerdem: „Mit dem Argument, dass es zu viel Arbeit gibt, zu viele Fälle, gibt es bisher keine Rückkehrperspektive der Kinder zu uns.“ Und auch die Form der Unterbringung der beiden kleinen Kinder überrascht: Anscheinend waren sie in der Kinderschutzgruppe Plus in Heimfeld. Diese ist jedoch laut hamburg.de vorgesehen für 6 bis 12-Jährige, „die an einer überdurchschnittlichen psychischen Belastung oder einer nach ICD 10/MAS diagnostizierten psychischen Störung leiden“. Hier wird Sicherheitspersonal rund um die Uhr eingesetzt. Eigentlich hätten die Kinder - wenn überhaupt - im direkt nebenan gelegenen Kinderschutzhaus Harburg untergebracht werden müssen - es ist für 0 bis 6-Jährige angelegt.

Dazu Sabine Boeddinghaus, jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Seit Monaten zeichnet sich ein Kollaps im Jugendhilfesystem ab, der vom Senat gedeckelt und heruntergespielt wird. Und seit Monaten weist die Linksfraktion mit einer Vielzahl von Anfragen und Initiativen auf diese dramatische Situation hin. Der Senat benennt auch in der Antwort auf unsere jüngste Anfrage als einen der Gründe für die Überlastung im ASD die Belastung in den Familien durch die Folgen der Corona-Pandemie. Doch geraten Familien auf gefährliche Weise an ihre Grenzen, bedeutet dies ein oft über Monate andauerndes hilfloses Verharren innerhalb nicht funktionierender, überlasteter Strukturen. Das ist unverantwortlich gegenüber den Menschen. In diesem Fall muss die Behörde den Eltern jetzt eine Brücke bauen, damit diese Situation nicht immer weiter eskalieren kann – das ist sie allein schon den beiden Kindern schuldig, die wir alle wohlbehalten in guten Händen sehen wollen. Zugleich müssen dringend die offenen Fragen geklärt und nachhaltige Lösungen im Sinne der Fachkräfte und der hilfsbedürftigen Familien entwickelt werden. Hamburgs Jugendhilfesystem ist in desolatem Zustand und muss nachhaltig gestärkt werden. Dafür gibt es viele konstruktive Ansätze aus Wissenschaft und Praxis Sozialer Arbeit. Der Einsatz von Security gehört aus fachlicher Sicht definitiv nicht dazu – und kann dann im Ernstfall nicht mal helfen, wie die aktuelle Situation zeigt.“