Wahlprüfsteine Wahlkompass Antidiskriminierung vom 5.12.2019

1.1. EINFÜHRUNG EINES LANDESANTIDISKRIMINIERUNGSGESETZES

Ein wirksamer Diskriminierungsschutz braucht eine stabile rechtliche Grundlage. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das den Schutz vor Diskriminierung vor allem in den Bereichen Arbeit sowie Güter / Dienstleistungen regelt, war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig bestehen relevante rechtliche Schutzlücken in zentralen Lebensbereichen, die in den Regelungsbereich der Länder fallen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Bildung und staatliches Handeln. Ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

  1. Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode ein Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeiten und verabschieden?
  2. Welche inhaltlichen Eckpunkte wird dieses LADG haben?
  3. Wie werden Sie dabei die Ergebnisse verschiedener Evaluationen des AGG und die darin formulierten Verbesserungsbedarfe berücksichtigen (u.a. Fristenregelung, Verbandsklagerecht, offene Merkmalsliste, einheitliches Schutzniveau)?

DIE LINKE in Hamburg will für ein Landesantidiskriminierungsgesetz nach dem Berliner Vorbild streiten. Das Gesetz soll Schutz vor Diskriminierungen aufgrund des sozialen Status, rassistischer Zuschreibungen, der ethnischen Herkunft, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters,  der Religion und Weltanschauung oder der Sprache bieten. Das LADG soll einen Diskriminierungsschutz bei öffentlich-rechtlichem Handeln, z.B. bei Sicherheitsbehörden oder zu staatlichem Handeln ermöglichen, da das AGG nur die Bereiche Privatrecht und Erwerbstätigkeit umfasst. Der Geltungsbereich von Antidiskriminierungsmaßnahmen soll demnach auf öffentliche Güter und Dienstleistungen, allgemeine Verwaltungsverfahren, Bildung, Gesundheit und Soziales ausgeweitet werden. Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung, eine Beweislasterleichterung, ein Verbandsklagerecht und die Möglichkeit einer Prozessstandschaft. Außerdem eine Ombudsstelle, womit Betroffenen die Möglichkeit einer gütlichen Streitbeilegung ermöglicht wird. Evaluationsergebnisse des AGG und Verbesserungsbedarfe werden wir berücksichtigen.

1.2. EINRICHTUNG EINER LANDESANTIDISKRIMINIERUNGSSTELLE

Antidiskriminierung braucht eine institutionelle Verankerung in der Verwaltung, um Themen zu setzen, Aktivitäten zu bün-deln und Prozesse zu koordinieren. Anders als beispielsweise in Berlin, Hessen, Schleswig-Holstein und 5 weiteren Ländern gibt es in der Hansestadt Hamburg keine Landesantidiskriminierungsstelle.

  1. Werden Sie in der kommenden Legislatur eine Landesantidiskriminierungsstelle einrichten?
  2. Wird diese unabhängig sein oder wird sie bei einer Fachbehörde angesiedelt werden? Wenn letzteres: bei welcher?
  3. Welche personelle Ausstattung und welches Mandat werden Sie der Stelle geben? Wie werden Sie sicherstellen, dass ein diversitätssensibles Bewerbungsverfahren durchgeführt wird?

Wir werden dazu verschiedene politische Aktivitäten vornehmen um darauf hinzuwirken. Ob wir sie einrichten können hängt von den Mehrheiten in der Bürgerschaft ab und unseren Wahlergebnissen.

Es soll eine unabhängige Ombudsstelle für Betroffene von Diskriminierungen geschaffen werden, die Stellungnahmen von Behörden abfragt und deren Umsetzung prüft.

Die Finanzierung einer solchen Stelle muss langfristig gesichert werden. Bei der Ausschreibung ist darauf zu achten dass Personen eingestellt werden, die selbst von einer oder mehreren Diskriminierungen bzw. von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen sind und darauf in der Ausschreibung hingewiesen werden, dass diese bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden. Die Stelle sollte auf Augenhöhe Bürgerschaft, Senat und Behörden zu Fragen der Antidiskriminierung und Sensibilisierung für Diskriminierungen aufgrund von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit beraten und Maßnahmen, Richtlinien und Gesetzgebungsverfahren zum Themenkomplex beeinflussen können.

1.3. FLÄCHENDECKENDE BERATUNG UND UNTERSTÜTZUNG FÜR BETROFFENE

Ein effektiver Diskriminierungsschutz braucht wohnortnahe, barrierefreie, unabhängige und professionelle Unterstützungs-möglichkeiten für Menschen, die Diskriminierung erleben und ihr Recht auf Gleichbehandlung einfordern wollen. Aktuell gibt es in Hamburg unabhängige qualifizierte Antidiskriminierungsberatung für Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Religion Geschlecht und sexuelle Identität. Diese Angebote sind projektbasiert, decken nicht alle Diskriminierungsdimensionen ab (Behinderung und Alter fehlt) und können mit zusammengenommen knapp 2,5 Personalstellen den Bedarf nicht decken. Das Beratungsangebot muss verstetigt und ausgebaut werden.

  1. Wie werden Sie die Lücken in der Beratungs- und Unterstützungsstruktur schließen?
  2. Welche Mittel werden Sie hierfür im Landeshaushalt bereitstellen?
  3. Welche konkreten Ziele und Eckpunkte haben Sie für die Entwicklung der Beratungs- und Unterstützungsstruktur bis zum Ende der kommenden Legislatur?

DIE LINKE will zivilgesellschaftliche Projekte und Beratungsstellen für Betroffene von Gewalt und menschenfeindlicher Hetze stärken, die Finanzierung dafür ausbauen und langfristig sichern. Im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen, werden wir bei verschiedenen Beratungs- und Unterstützungsstellen die aktuellen Bedarfe abfragen und in die Haushaltsberatungen mit dem Ziel einbringen, die Finanzierung langfristig und umfassend zu sichern. Die Ombudsstelle für Diskriminierungbetroffene (siehe Abschnitt...) könnte zudem ei-ne sinnvolle Ergänzung bieten. Neben der Forderung der umfassenden und langfristigen Finanzierung bestehender Beratungs- und Unterstützungsstellen, setzten wir uns vor allem für die Schaffung und Etablierung neuer Beratungsstellen ein (etwa eine eigene Anlauf-stelle/Beauftragte_n für Antisemitismus und das jüdische Leben).

1.4. WISSEN ÜBER DISKRIMINIERUNG

Für eine zielgerichtete Antidiskriminierungspolitik und -arbeit ist ein fundiertes empirisches Wissen über Diskriminierung unabdingbar. Für Hamburg gibt es aktuell nur wenige Studien und / oder Statistiken. Wichtige Fragen, wie die folgenden, können damit nur zum Teil beantwortet werden:

  • Wo, in welcher Form und warum erleben Menschen in Hamburg Diskriminierung?
  • Welche diskriminierenden Praxen und Strukturen existieren in konkreten Lebensbereichen wie Arbeit, Gesundheit, Bildung, Behörden - bezogen auf welche Merkmale?
  • Was wissen von Diskriminierung Betroffene über ihre Rechte und wie nutzen sie diese?
  • Wie gut funktioniert der faktische Zugang zu einem rechtlichen Diskriminierungsschutz?
  • Wie gehen Hamburger Gerichte mit Klagen wegen Diskriminierung um?
  1. Wie werden Sie vorgehen, um fundierte Informationen als Grundlage der eigenen Politik zu erhalten?
  2. Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden Sie setzen?

Es braucht eine umfassende gesellschaftliche Sensibilisierung für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Wissenschaftliche Studien zu Diskriminierungen bzw. gruppenbezogener Menschengfeindlichkeit werden gesichtet und beauftragt, Verbände und Vereinigungen als Expert_innen befragt und die Ergebnisse davon in die eigene Arbeit und Entscheidungsfindung einbezogen und publiziert.

Zudem haben wir in der Vergangenheit durch Schriftliche Kleine und Große Anfragen dazu beigetragen, Erscheinungen gruppenbez-gener Menschenfeindlichkeit sichtbar zu machen. Diese Arbeit werden wir auch in Zukunft fortsetzen. Es braucht mehr Studien auf Landesebene, die wir einfordern werden, Schulungen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit von Behörden, Führungskräften, für Mitarbeiter_innen des Gesundheitswesens, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, Schulen und Universitäten, Kindergärten, Kindertages-stätten. Wir werden uns für ein Hamburgisches Antidiskriminierungsgesetz einsetzen, das vor gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit Schutz bieten soll. Es braucht konkrete Ansprechpartner_innen in den verschiedenen Bereichen und Institutionen, die mit den verschiedenen Dimensionen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geschult und vertraut sind und sichtbar sowie erreichbar für Betroffene auf Homepages oder öffentlichen Hinweisen zu den Bereichen und Institutionen sind.

1.5. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT ZUM THEMA ANTIDISKRIMINIERUNG

Das Wissen um individuelle Rechte und Handlungs- bzw. Unterstützungsmöglichkeiten ist in der Bevölkerung noch immer gering. Diskriminierung wird oftmals als eine individuelle moralische Verfehlung verstanden und die Thematisierung von Dis-kriminierung als Angriff gewertet. Auch fehlt in der Öffentlichkeit noch immer ein Verständnis für institutionelle und indirekte Formen von Diskriminierung. Eine gelebte Antidiskriminierungskultur ist eine Frage der Haltung: Offenheit, Perspektivwechsel, Selbstreflexion und Verantwortungsübernahme sind dabei wichtige Stichworte.

  1. Werden Sie eine Kampagne oder vergleichbare Formen der öffentlichkeitswirksamen Kommunikation zu den Themen Diskriminierung, Diskriminierungsschutz und Teilhabe umsetzen?
  2. Was werden deren zentrale Eckpunkte sein?

Wir weisen weiterhin in sämtlichen Veranstaltungen und Publikationen auf den gesellschaftlichen Hintergrund, die institutionelle Verankerung und die Verankerung in der Wissensproduktion von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hin und wirken durch verschiede-ne Maßnahmen (z. B. Pressemitteilungen, kleine oder große Anfragen oder Anträge sowie Veranstaltungen, Broschüren) öffentlichkeitswirksam auf die Wissensproduktion und politische Bildung dazu hin.

1.6. UMSETZUNG DER UN-BEHINDERTENRECHTSKONVENTION

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) garantiert die allseitige und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung (und chronischer Erkrankung) am Leben in der Gesellschaft. Dies betrifft sowohl die Freie und Hansestadt Ham-burg mit ihren Fachbehörden und ihrer Verwaltung als auch die kommunalen Einrichtungen.

  1. Wie werden Sie die praktische Umsetzung der UN-BRK in Hamburg vorantreiben?
  2. Wie werden Sie die Betroffenen, insbesondere deren Vereinigungen, in die Erarbeitung Ihrer Lösungskonzepte einbeziehen?
  3. Werden Sie die Vereinigungen der Betroffenen bei der Standpunktbildung und Mitwirkung an der Umsetzung der erarbeiteten Lösungsansätze angemessen unterstützen?

Wir setzen uns schon seit langer Zeit für vollständige Inklusion ein, insbesondere in unserer sehr aktiven „Landesarbeitsgemeinschaft Inklusion“. Der momentane Schwerpunkt in unserer parlamentarischen Arbeit liegt dabei auf der Bildungspolitik. Mit zahlreichen Anfragen hat unsere Fraktion die Defizite in Hamburg offengelegt, z.B. die Tatsache, dass die Stadtteilschulen die Aufgabe der Inklusion allein stemmen, während die Gymnasien sie weiterhin ignorieren. Mit Anträgen fordern wir immer wieder konkrete Schritte zur Umsetzung der Inklusion. Zuletzt haben wir im November nach langer Vorarbeit mit Betroffenen, Verbänden und Bildungsforscher_innen einen Entwurf für ein inklusives Schulgesetz vorgelegt, das ausdrücklich auf die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention angelegt ist (vgl. www.linksfraktion-hamburg.de/schulgesetz). Diesen Gesetzentwurf werden wir nach der Wahl in die Hamburgische Bürgerschaft einbringen.

Wie bisher schon werden wir eng sowohl mit engagierten Einzelpersonen als auch mit Verbänden und Interessenvertretungen zusammenarbeiten. So haben wir bspw. immer wieder Anliegen des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg mit Anfragen an den Senat, durch Vermittlung von Pressekontakten oder aufeinander abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Wir werden auch in Zukunft sowohl ansprechbar sein als auch selbst Kontakt, Gespräch und Rat suchen.

Ja, selbstverständlich. Zum einen sind wir als Oppositionspartei grundsätzlich auf Bündnisparter_innen angewiesen. Zum anderen ist es zentraler Ansatz der Partei Die Linke, nicht Stellvertreterpolitik zu machen, sondern außerparlamentarisches Engagement und insb. Selbstorganisation aktiv zu fördern und zu unterstützen.

1.7. SCHUTZ VOR GEWALT FÜR ALLE FRAUEN*

Der Europarat hat 2011 mit dem „Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) ein verbindliches völkerrechtliches Regelwerk geschaffen. Deutschland hat die Konvention allerdings nur unter Vorbehalt gegenüber Artikel 59 ratifiziert, der die Aufenthaltsregelungen betrifft - und somit ausschließ-lich migrierte Frauen*. Insbesondere durch die geltenden Gesetze zur Ehebestandszeit, Wohnsitzregelung und Residenzpflicht sind die Handlungsoptionen von Frauen* mit ungesicherten Aufenthaltstitel bei Gewalt deutlich beschränkt.

  1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vorbehalte gegen Artikel 59 der Konvention zurückgenommen werden?
  2. Mit welchen Maßnahmen werden Sie gewaltbetroffenen Frauen* in Hamburg unabhängig von Aufenthaltsstatus und Wohnsitzreglung Schutz bieten?

Alle von Gewalt betroffenen Frauen* und ihre Kinder müssen sich auf ein funktionierendes Schutz-und Hilfesystem verlassen können. Die Angst vor dem Verlust des Aufenthaltsstatus ist ein zusätzliches Hemmnis für Frauen*, um sich aus gewaltvollen Beziehungen zu befreien.

Wir setzen uns daher klar für die Aufhebung des Vorbehalts gegen Artikel 59 der Istanbul-Konvention ein. Weiterhin fordern wir eine speziell geschulte Ansprechpartner*in für häusliche Gewalt in Ausländerbehörde und den Anspruch auf kostenlose Erstberatung für betroffene Frauen*.

Die Frauenhäuser in Hamburg sind seit Jahren an ihren Kapazitätsgrenzen. Laut Schlüssel der Istanbul-Konvention fehlen in Hamburg rund 200 Schutzplätze. Wir setzen uns dafür ein das keine Frau* in Not abgewiesen wird.

1.8. AKTIONSPLAN FÜR AKZEPTANZ GESCHLECHTLICHER UND SEXUELLER VIELFALT

2017 ist der unter Beteiligung der LGBTI*-Community erarbeitete Aktionsplan des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in Kraft getreten.

  1. Wie werden Sie gewährleisten, dass die Ziele des Aktionsplans weiterhin umgesetzt werden?
  2. Welche Maßnahmen werden Sie für eine Verstetigung des Aktionsplans treffen?
  3. Wie werden Sie deutlich machen, dass das Themenfeld „Sexuelle Vielfalt – sexuelle Orientierung + Identität“ eine hohe Priorität für Sie hat?

DIE LINKE kämpft für die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen und der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt. Wir überprüfen kontinuierlich den Stand der Umsetzung der im Aktionsplan aufgeführten Maßnahmen, setzen uns für dessen Fortschreibung und finan-zielle Ausstattung ein. Alle Maßnahmen sollen gemeinsam mit der queeren Community erarbeitet und beschlossen werden. Unsere Arbeitsgemeinschaft Queer leistet hier starke Arbeit und setzt queere Themen immer wieder auf unsere politische Agenda.

1.9. OFFENES UND FÖRDERNDES NEUTRALITÄTSVERSTÄNDNIS

Immer wieder werden unter dem Hinweis auf die „staatliche Neutralität“ Einschränkungen der Rechte religiöser Minderheiten gefordert oder umgesetzt. Neutralität ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht als eine distan-zierende Haltung zu verstehen, sondern als eine offene, allen Religionen und Weltanschauungen gegenüber gleichermaßen fördernde Haltung des Staates, bei der er sich mit keiner Religion oder Weltanschauung identifiziert oder sie privilegiert.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das verfassungsgemäße Neutralitätsverständnis in der Gesellschaft zu verbreiten und in der Praxis zu erhalten und so der Fehldeutung, Neutralität sei nur bei der Abwesenheit alles Religi-ösen aus der staatlichen oder öffentlichen Sphäre gewährleistet, entgegenzutreten?

Heute gibt es, anders als noch vor 100 Jahren, nicht mehr nur drei große Religionsgemeinschaften in Deutschland, die beiden großen christlichen und die jüdische. Insgesamt zählt die Stadt rund 120 religiöse Vereinigungen, darunter alle großen Weltreligionen. Vor allem der Islam ist seit Jahrzehnten eine nicht mehr wegzudenkende Realität. Seit 2012 hat Hamburg nicht nur Staatsverträge mit den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde, sondern auch mit den islamischen Religionsgemeinschaften und der alevitischen Gemeinde. Der von uns unterstützte Abschluss dieser Verträge war ein großer Fortschritt in der Anerkennung und Gleichstellung von Muslimen und Aleviten. Er hat viel dazu beige-tragen, den Dialog zwischen Religionsgemeinschaften und mit der Stadt zu entwickeln und Konflikte friedlich auszutragen. Die staatliche Neutralität hat sich als Grundvoraussetzung für den religiösen Frieden in der Gesellschaft gezeigt. Dieser Frieden ist in Gefahr. Vor allem eine Partei, die Moscheen am liebsten verbieten würde, fordert, den Staatsvertrag mit den islamischen Gemeinschaften zu kündigen. Das macht die Gleichstellung der Religionsgemeinschaften rückgängig und gefährdet die Teilhabe gläubiger Muslime an der Gesellschaft. Wir verteidigen als säkulare Partei den Staatsvertrag mit den islamischen Gemeinschaften. Mehr noch, wir unterstützen sie dabei, den letzten Schritt zur Gleichstellung zu erreichen: den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Wir unterstützen die Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für Alle, bei dem die großen Religionsgemeinschaften gleichberechtigt kooperieren. Ganz wichtig ist es uns, antimuslimischen Rassismus wie Antisemitismus offensiv zu bekämpfen, auch mit staatlichen Programmen der Prävention und, wo nötig, durch Strafverfolgung.

1.10. UN-DEKADE FÜR MENSCHEN AFRIKANISCHER HERKUNFT

Die UN-Dekade „Menschen Afrikanischer Abstammung: Anerkennung, Gerechtigkeit und Entwicklung“ wurde 2016 offiziell in Berlin für Deutschland eröffnet. Die Staatengemeinschaft hat sich damit dazu verpflichtet, bis 2024 die Anerkennung, Rechte und Entwicklung von Menschen Afrikanischer Abstammung zu fördern und rassistische Diskriminierung und Rassismus zu bekämpfen.

  1. Werden Sie die UN-Dekade für Menschen Afrikanischer Herkunft mit ihren drei Schwerpunkten: „Anerkennung, Gerechtigkeit und Entwicklung“ in der Landespolitik verankern?
  2. Wie werden Sie eine öffentliche Debatte fördern, die zu mehr Teilhabe, Selbstbestimmung und politischen Handlungsmöglichkeiten führt?
  3. Werden Sie eine Förderung, z.B. für Empowerment-Maßnahmen bereitstellen?

Soweit uns das als Oppositionspartei möglich ist, werden wir das tun. Als explizit antirassistische Partei haben wir schon in den letzten Jahren immer wieder Projekte unterstützt, selbst angestoßen oder in die Medien und ins Parlament gebracht, z.B. durch die Mitarbeit im „AK Hamburg Postkolonial“, die kontinuierliche Unterstützung der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ oder die Organisierung von Veranstaltungen mit der African Community etwa zu aktuellen Fragen des Panafrikanismus. Zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Hamburgs insbesondere mit Blick auf Afrika planen wir für nächstes Jahr verschiedene Aktivitäten in Zusammenarbeit mit Historiker_innen und PoC, darunter eine umfangreiche historische Broschüre.

Wir werden absehbar einerseits die Hindernisse für Selbstbestimmung und Teilhabe weiterhin aufklären und öffentlich machen, zum Beispiel mit regelmäßigen Anfragen zum Komplex „Racial Profiling“. Zur Entwicklung aktuellerer und lokaler Konzepte zu (Self-)Empowerment und Teilhabe werden wir das Gespräch mit Menschen afrikanischer Herkunft nutzen oder neu suchen.

Als Oppositionspartei haben wir weniger strukturelle und finanzielle Mittel für eine solche Förderung als eine Regierungspartei. Aller-dings planen wir für nächstes Jahr zur Unterstützung von Selbstorganisationen die Aktualisierung unseres Leitfadens zur Beantragung von Fördergeldern. Außerdem werden wir, wenn gewünscht, wie immer unsere Möglichkeiten zur Schaffung von Öffentlichkeit nutzen, bspw. durch die Nutzung oder Vermittlung von Pressekontakten, Unterstützung von konkreten Veranstaltungen und Projekten oder durch die Anmeldung von Parlamentsdebatten zu diesem Themenkreis.

1.11. BERATUNGS- UND HILFSANGEBOTE FÜR VON GEWICHTSDISKRIMINIERUNG BETROFFENE

Beratungsstellen für von Diskriminierung Betroffene werden fast immer mit Hilfe von Fördermitteln finanziert, die auf die Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind, die sich aus den in §1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Merkmalen ableiten lassen. Das Merkmal Gewicht wird vom AGG nicht erfasst. Eine Beratung und Unterstützung der von Ge-wichtsdiskriminierung Betroffenen ist damit nicht Teil des Auftrags der Beratungsstellen und wo diese über ihren Auftrag hinaus tätig sind, geht dies nicht aus ihrer Öffentlichkeitsarbeit hervor. Aktuell gibt es damit keine für die Betroffenen ersicht-lichen und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Beratungs- und Hilfsangebote.

  1. Wie werden Sie sicherstellen, dass von Gewichtsdiskriminierung Betroffenen Beratungs- und Hilfsangebote zur Verfügung stehen?
  2. Wie werden Sie dafür sorgen, dass die Betroffenen von diesen Angeboten erfahren?
  3. Werden Sie die Entstehung von entsprechend spezialisierten regionalen Trägern in Hamburg fördern?

Beratungsstellen sollen zwar zielgruppenspezifisch, aber insgesamt für jede Form der Diskriminierung zuständig sein und so auch denjenigen Hilfen leisten, die aufgrund ihres Gewichts diskriminiert werden. Dafür setzen sich DIE LINKE ein. Natürlich begrüßen wir auch die Gründung von entsprechend spezialisierten Trägern, die die Interessen der Gruppe vertreten und dafür sensibilisieren.

1.12. SENSIBILISIERUNG DER BEVÖLKERUNG FÜR GEWICHTSDISKRIMINIERUNG

Gewichtsdiskriminierung und stigmatisierende Vorurteile gegenüber dicken Menschen sind in unserer Gesellschaft stark ver-breitet. Laut einer Studie der Philipps-Universität Marburg in Kooperation mit der Universität Leipzig haben 75 Prozent der deutschen Bevölkerung selbst Vorurteile dieser Art oder würden diesen zumindest nicht widersprechen. Gleichzeitig gibt es nur ein geringes gesellschaftliches Bewusstsein für Gewichtsdiskriminierung.

  1. Werden Sie einen Aktionsplan zur Sensibilisierung der Bevölkerung für Gewichtsdiskriminierung auf Landesebene auf den Weg bringen?
  2. Was werden die Eckpunkte dieses Aktionsplans sein?

Stigmatisierenden Vorurteilen kann man am ehesten mit Informationen und Sensibilisierung begegnen. Wichtig ist zu vermitteln, dass Dicksein nicht mit eingeschränkter Arbeits- oder Leistungsfähigkeit zusammenhängt. Über Gründe, Ursachen, Erkrankungen, Leistungen, Lebensfreude sollte umfassend informiert und diskutiert werden. Dies ist bereits in den Schulen erforderlich. Dabei sollte es nicht nur darum gehen, Adipositas zu bekämpfen, sondern ein gutes Selbstgefühl zu seinem Körper zu entwickeln. Wir setzen uns dafür ein, im Gesellschaftlichen Bewusstsein den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, unabhängig von äußeren Merkmalen und der äußeren Erscheinung.

2.1. VERWALTUNG ALS SCHNITTSTELLE ZU DEN BÜRGER*INNEN

Die Entscheidungen und das Verhalten von Verwaltungen haben einen großen Einfluss auf das Leben von Menschen. In Stu-dien und in der Antidiskriminierungsberatung wird regelmäßig von Diskriminierungserfahrungen im Kontakt mit staatlichen Stellen berichtet. Gleichzeitig fällt es Betroffenen gerade in diesem Lebensbereich schwer, ihre Rechte einzufordern.

  1. Welches Konzept verfolgen Sie, um einen diskriminierungssensiblen Umgang der Verwaltung in ihren Abläufen und Strukturen sowie in der Interaktion mit den Bürger*innen sicherzustellen?
  2. Wo sehen Sie Regelungsbedarfe und welche konkreten Maßnahmen planen Sie in der kommenden Legislatur?
  3. Werden Sie ein Beschwerdemanagement für Diskriminierung einführen? Wie wird dieses sicherstellen, dass konkrete und qualifizierte Ansprechpartner*innen zur Verfügung stehen? Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass das Verfahren transparent ist, bei allen Verwaltungen und Behörden mit direktem Kund*innenkontakt eingeführt wird und die Bürger*innen hiervon Kenntnis erhalten?

Als Opposition kann DIE LINKE das nicht selbst sicherstellen. Aber sie wird den Senat weiter dazu drängen und versuchen, Öffentlichkeit für dieses Anliegen zu schaffen. Dabei sind wir immer für Einzelpersonen oder Gruppen ansprechbar und werden auf ihre Hinweise hin aktiv. Andererseits prüfen wir weiterhin selbstständig die Verwaltung und ihre Abläufe darauf, ob sie barriere- und diskriminierungsfrei arbeiten. Unsere Arbeitsgemeinschaften „Queer“, „Inklusion“ und „Migration“ arbeiten seit langem kontinuierlich zu Diskriminierung, Solidarität und Empowerment. Dank ihrer Vernetzungen können wir auch in Zukunft die Interessen der von Diskriminierung betroffenen Menschen gemeinsam mit ihnen vertreten.

Konkret stellen wir immer wieder Schwierigkeiten und Widerstände bei der Umsetzung von Vorgaben fest, bspw. wenn Menschen den Eintrag zu ihrem Personenstand im Bürgeramt ändern wollen. Zwar ist insgesamt eine gewachsene Akzeptanz von Schwulen und Lesben feststellbar, aber wir erfahren immer wieder von Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt z.B. gegen Trans- und Interpersonen oder HIV-positive Menschen. Hier werden wir weiterhin Einzelfälle, sowie strukturelle Probleme aufklären, öffentlich machen und ggf. eine parlamentarische Debatte anstoßen.

Einführen können wir ein Beschwerdemanagement als absehbare Oppositionspartei nicht. Andererseits unterliegen wir dafür nicht vorgeschobenen, oft nur vermeintlichen Sachzwängen. Deshalb können wir viel enger und unbefangener als Regierungsparteien mit von Diskriminierung betroffenen Menschen und ihren Organisationen zusammenarbeiten und deren Wünsche und Vorschläge aufnehmen. Daraus kann ein Konzept für ein Beschwerdemanagement entstehen, das den Bedürfnissen der Betroffenen tatsächlich entspricht und das DIE LINKE dann in den parlamentarischen Prozess einbringen kann.

2.2. LANDESVERWALTUNG ALS ARBEITSGEBERIN

Die Hamburger Verwaltung ist eine große Arbeitgeberin. Als solche ist sie für einen effektiven Diskriminierungsschutz ihrer Mitarbeiter*innen und für die Chancengleichheit von Bewerber*innen verantwortlich. Damit hat sie eine Vorbildfunktion für andere Arbeitgeber*innen.

  1. Wie beurteilen Sie die aktuelle Qualität des Diskriminierungsschutzes für Mitarbeiter*innen der Hamburger Verwaltung und Landesbetriebe?
  2. Welche Schritte planen Sie, um die Schutzgebote und weiterführenden Handlungsmöglichkeiten wie Positive Maßnahmen, die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) angelegt sind, umzusetzen?
  3. Werden Sie AGG-Beschwerdestellen in den Landesverwaltungen und -betrieben flächendeckend einrichten und ihre Arbeit evaluieren?

Auf dem Papier (bzw. im Intra-/Internet) gibt es einige gute Ansätze und Hinweise zu Erscheinungsformen von Diskriminierungen und zur Gegenwehr. Noch wichtiger ist die Beschäftigung mit dem Thema in den einzelnen Abteilungen und Sachgebieten. Hier ist es Auf-gabe der Verantwortlichen, sich selbst schlau zu machen und die Beschäftigten zu sensibilisieren und ggfs. auch bei diskriminierenden Äußerungen und/oder Taten einzuschreiten. Gemeinsam mit den Personalräten und Gewerkschaften sollten Handlungspläne entwickelt werden, soweit sie noch nicht vorhanden sind.

Da es bisher nur in einigen Behörden und Ämtern Beschwerdestellen nach dem AGG gibt,  muss für alle Bereiche sichergestellt werden, dass die Beschäftigten sich direkt und auf kurzem Weg an eine Beschwerdestelle wenden können. Diese sollte möglichst in jedem Be-reich vorhanden sein. Allerdings kann es im Einzelfall (z.B. bei kleinen Arbeitsbereichen) auch erforderlich sein, dass Beschäftigte sich im ersten Schritt an Stellen außerhalb ihres Bereiches wenden können.

2.3. LANDESVERWALTUNG ALS DIVERSITY-VORBILD

Die Landesverwaltung ist nicht nur Ansprechpartner*in für die Bürger*innen sondern setzt sich auch aus ihnen zusammen. Wenn einzelne Bevölkerungsgruppen wenig repräsentiert sind oder schwer in höhere Positionen aufsteigen können, fehlen wichtige Vorbildfiguren, die zugleich die Normalität von Zugehörigkeit ausdrücken. Als große Arbeitgeberin steht die Landes-verwaltung Hamburgs in der Verantwortung, proaktiv auf eine entsprechende Diversität in der Landesverwaltung hinzuwirken. Diesbezüglich wurden schon einige Konzepte z.B. im Bereich Ausbildung mit der Kampagne „Wir sind Hamburg – Bist du dabei“ implementiert.

  1. Was sind die Eckpunkte Ihres ministerienübergreifenden Diversity Mainstreaming Konzeptes?
  2. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie für diversitätsbewusste Veränderungen in den Verwaltungsstrukturen vorgesehen?
  3. Werden Sie in der Landesverwaltung und den Landesbetrieben anonymisierte Bewerbungsverfahren einführen?

Als kleine Oppositionspartei haben wir bisher noch nicht die Kapazitäten gehabt, um ein umfangreiches Diversity Mainstreaming Konzept zu entwickeln. Anonymisierte Bewerbungsverfahren werden von uns begrüßt, da sie zumindest in der ersten Phase eines Personalauswahlverfahrens zu mehr Chancengleichheit beitragen.

2.4. VERWALTUNG ALS AUFTRAGGEBERIN UND VERTRAGSPARTNERIN

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist eine bedeutsame Auftrag- und Fördermittelgeberin, beispielsweise in den Bereichen Infrastruktur, Wohnungsbau, Forschung, Soziale Hilfen und Kultur. Durch die Gestaltung von Ausschreibungen, Förderrichtli-nien, vertragliche Rahmenbedingungen etc. kann der Stadtstaat Anreize zur Umsetzung und Sicherstellung eines wirksamen Diskriminierungsschutzes auf Seiten der Auftragnehmer*innen und Fördermittelempfänger*innen setzen.

Werden Sie Aspekte des Diskriminierungsschutzes im Hamburger Vergabegesetz sowie in Förderrichtlinien und Aus-schreibungen verankern?

Durch das Vergabegesetz sind die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bereits in das Vergaberecht einbe-zogen. Das ILO-Übereinkommen 111 verbietet die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

Das große Defizit besteht unseres Erachtens in der Kontrolle der Einhaltung dieser und anderer Vorschriften, wir fordern daher die Errichtung einer Kontrollstelle beim Amt für Arbeitsschutz, die die Einhaltung der sozialen Bestimmungen des Vergabegesetzes in Zusammenarbeit mit der beauftragenden Behörde überwacht. Auch muss die Höhe der finanziellen Sanktionen bei Verstößen dringend angepasst werden: Die Sanktionierung ist derzeit auf 5% der Auftragssumme gedeckelt, bei Aufträgen die im Wesentlichen aus Personalkosten besten (z.B. Gebäudereinigung, Sicherheitsdienste) ist dies nicht abschreckend.

2.5. GENDERGERECHTE UND INKLUDIERENDE SPRACHE IN VERWALTUNGSDOKUMENTEN

In Verwaltungsdokumenten wird eine Sprache, die alle Geschlechter gleichermaßen berücksichtigt, nicht einheitlich angewendet.

Wie werden Sie die durchgängige Verwendung einer inkludierenden Sprache in Verwaltungsdokumenten sicherstellen?

Schon in den 90er Jahren war die Sprache ein Thema der Gleichstellung(sbeaufragten) in der Hamburger Verwaltung. 2001 wurde eine Richtlinie zu einer frauenfreundlichen Sprache entwickelt, die allerdings nicht wirklich "gelebt" wurde. Deshalb gilt es eine verbindliche Richtlinie für eine gendergerechte und inkludierende Sprache für Hamburg Verwaltung vorzugeben und vorzulegen. Denn auch hier gilt: Papier allein reicht nicht, auch im täglichen Umgang kann Sprache ausgrenzend sein. Deshalb ist die Sensibilisierung  ebenso wichtig wie die Vorbildfunktion der Vorgesetzten.

3.1. SENSIBILISIERUNG VON LEHRER*INNEN FÜR VIELFALT UND GEGEN DISKRIMINIERUNG

Lehrer*innen kommt bei Diskriminierungen in der Schule eine entscheidende Rolle zu. Einerseits können sie selbst für Diskriminierungen verantwortlich sein, andererseits ist es ihre Aufgabe, Schüler*innen für Diskriminierung zu sensibilisieren, sowie bei konkreten Diskriminierungen zwischen Schüler*innen verbindlich und zugleich konstruktiv einzuschreiten.

  1. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Lehrer*innen im Rahmen ihrer Hochschulausbildung Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität vermittelt werden?
  2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität von Lehrer*innen kontinuierlich im Rahmen von zertifizierten Fortbildungen gestärkt werden und Anreizstrukturen für eine Teilnahme ausbauen?
  3. Werden Sie sich dafür einsetzen, die Diversität auf Seiten der Lehrer*innen explizit zu fördern und zu erhöhen, um die Vielfalt innerhalb der Bevölkerung abzubilden?

Grundsätzlich vertreten wir das Konzept „Eine Schule für alle“, in der die Segregationen im heutigen Schulsystem aufgehoben werden. Unterfüttert wird unsere Position durch ein neues, inklusives Schulgesetz, das sich an der UN-Kinderrechts- und UN-Behindertenrechtskonvention orientiert. Die Implementierung dieses Gesetzes, die wir verfolgen, wird weitreichende Konsequenzen für das Schulwesen und damit auch für die entsprechende Ausbildung der Lehrer_innen haben. Weil im Ganztag einer inklusiven Schule, die Originalität und Vielfalt der Schüler_innenschaft ein positives Faktum ist, muss sich ihnen die Förderung durch die Pädagog_innen an-passen. In „einer Schule für alle“ lernen, spielen, arbeiten, leben Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Milieus und Schichten und verschiedener Herkünfte gemeinsam. Sie bildet die Wirklichkeit unserer Gesellschaft getreu ab. Ihre Vielfalt und Kompetenzen sind zu stärken und auszubauen.

Zugleich sehen wir, dass die Ausbildung noch weiter hinsichtlich der Diversität und multiplen Diskriminierungslagen unserer Gesellschaft ausgebaut werden muss. Das Fort- und Weiterbildungsangebot soll bestärkt werden.

Zu diesem Ausbau gehört selbstredend auch, den Lehrberuf stärker für Menschen mit diversen Erfahrungen, Lebensläufen und Hinter-gründen attraktiv zu machen.

3.2. BESCHWERDEMANAGEMENT FÜR DISKRIMINIERUNG AN SCHULEN UND HOCHSCHULEN

Schulen und Hochschulen sind für Schüler*innen und Studierende in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit einem Arbeitsplatz. Hier verbringen sie viel Zeit in sozialen Bezügen, die sie sich nur begrenzt aussuchen können. Anders als im Arbeitsbereich ist im Bildungsbereich die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Umfeldes weit weniger klar geregelt: Schulen verfügen in der Regel über keine expliziten Anlaufstellen und klar geregelten Verfahren - Betroffenen ist nicht bekannt, an wen sie sich wenden können und was die nächsten Schritte sind. Lehrer*innen sind in der Bewältigung oftmals auf sich gestellt. In Bereich der Hochschulen werden Anlauf- und Beratungsstrukturen teilweise gerade erst aufgebaut.

  1. Werden Sie die Schulbehörde und die Wissenschaftsbehörde anweisen, ein Beschwerdemanagement für Diskriminierung zu entwickeln?
  2. Wird die Einsetzung und Qualifizierung eine*s Antidiskriminierungsbeauftragte*n in jeder Schule und Universität verpflichtender Bestandteil des Beschwerdemanagements sein?
  3. Wie werden Sie sicherstellen, dass Schüler*innen und Eltern, Studierende und Mitarbeiter*innen von Bildungseinrichtungen wissen, an wen sie sich im Falle einer Diskriminierungserfahrung wenden können?

Die Beratungsstrukturen – und damit die Möglichkeit, sich bei Diskriminierung an fachkundige Stellen zu wenden – sind an den Hamburger Hochschulen sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die Einrichtung eine*s Antidiskriminierungsbeauftragte*n an Hochschulen befürwortet DIE LINKE außerordentlich. Hier ist die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung aufgefordert Konzepte zu entwickeln und entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Vielfalt und Antidiskriminierung in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Hochschulen aufgenommen wird. Bildungseinrichtungen müssen natürlich ihre Antidiskriminierungskonzepte und Anlaufstellen bewerben und offensiv anbieten.

Hinsichtlich des Beschwerdemanagements an Schulen hat DIE LINKE im Januar 2019 unter der Drucksachennummer 21/15857 einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, sowohl Mobbing als Phänomen genauer zu erfassen – eine Maßnahme, die nach den erfassten Kriterien ausbaufähig ist – sowie eine unabhängige Beschwerdestelle einzurichten. Auch wenn die Bürgerschaft diesen Antrag abgelehnt hat, bleiben unsere Forderungen bestehen.

3.3. DISKRIMINIERUNGSFREIE UND VIELFALT REPRÄSENTIERENDE LEHR- UND LERNMITTEL

Bisher enthält das Hamburger Schulgesetz (HmbSG) weder ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für Lernmittel wie Schulbücher noch ein Zulassungsverfahren, das ihre Diskriminierungsfreiheit sicherstellt. Welche Lernmittel Verwendung fin-den, entscheidet der Lernmittelausschuss der Schule.

  1. Werden Sie ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für Lernmittel im Hamburger Schulgesetz festschreiben und / oder ein Zulassungsverfahren einführen, das ihre Diskriminierungsfreiheit garantiert?
  2. Falls ja, wie werden Sie die Mitwirkung von gesellschaftlichen Gruppen, die Diskriminierung erfahren, sicherstellen?
  3. Wie werden Sie gewährleisten, dass die Perspektiven von gesellschaftlichen Gruppen, die Diskriminierung erfahren, in den Lernmitteln vorhanden sind?

Hinsichtlich der inklusiven Schule für alle ist die Diskriminierungsfreiheit und Diversität in den Lernmitteln ein wichtiger Baustein, um Lerninhalte für die gesamte Schulgemeinschaft attraktiv und ansprechend zu gestalten. Denn die Lernförderung der Kinder und Jugendlichen ist an ihren individuellen Voraussetzungen und Interessen zu orientieren. Diese Orientierung auf anderen Ebenen zu institutionalisieren ist eine Konsequenz eines inklusiven Schulgesetzes.

3.4. DISKRIMINIERUNGSFREIE AUFGABENSTELLUNGEN

An Schulen und Hochschulen kommt es immer wieder zu diskriminierenden Aufgabenstellungen. Teilweise wird hiermit ab-wertenden Begrifflichkeiten und Bezeichnungen gearbeitet, teilweise werden Stereotype und Vorurteile in der Aufgabenstellung wiederholt und verfestigt.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Personenkreise, die Prüfungsaufgaben erarbeiten, wie Fachreferent*innen und Aufgabensteller*innen, für Diskriminierungen sensibilisiert werden und entsprechende Weiterbildungen erhalten?

Natürlich sind Vielfaltskompetenz und Diskriminierungssensibilität in der Hochschullehre unerlässlich. Personen, die in der Hochschullehre tätig sind, sollten deshalb unbedingt durch entsprechende Fort- und Weiterbildung sensibilisiert.

Wie auch in den Lernmitteln sollen in der inklusiven Schule die Aufgabenstellungen diskriminierungsfrei und an der Diversität der Schüler_innenschaft orientiert sein. Dahingehend die Beteiligten zu sensibilisieren, zu schulen und zu unterstützen ist selbstverständlich

3.5. HANDHABUNG VON DISKRIMINIERUNGSFÄLLEN AN SCHULEN

Diskriminierungsfälle an Schulen bleiben für die Verursacher*innen fast immer folgenlos und erfahren keine Aufarbeitung. Betroffene bekommen in der Regel keine individuelle Unterstützung, sondern bestenfalls eine Entschuldigung seitens der Schulleitung.

  1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass von Diskriminierung Betroffene eine Art „Täter-Opfer-Ausgleich“ erhalten?
  2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Verursacher*innen sanktioniert werden?

Wir beantragten die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle im Januar 2019. Im Hinblick auf eine inklusive Schule stärken wir pädagogische Wege der Konfliktlösung. Wir sehen aber, dass für den Schutzraum, den Schule zur Persönlichkeitsentwicklung darstellt, es effektiven Schutz von Opfern geben muss. Wie Sanktionen konkret aussehen sollen, ist Teil eines Prozesses um die Handhabung von Diskriminierungsfällen. Die Verletzung der Werte des Grundgesetzes und des Paragraphen 2 des Hamburger Schulgesetzes, der die Erziehung zu Respekt, Toleranz, Humanität und Solidarität gebietet, sollen deutlich verfolgt werden .

3.6. INKLUSION UND BILDUNGSGERECHTIGKEIT

Vielfalt im Klassenzimmer ist Ziel und Realität zugleich. Kinder mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen und gesellschaftli-chen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen kommen hier während einer prägenden Lebensphase zusammen. Wie Kinder diese Phase erleben, welche Möglichkeiten sie erhalten oder ihnen versagt bleiben, stellt die Weichen für ihr weiteres Leben.

  1. Inwiefern planen Sie, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Hamburger Schulgesetz umzusetzen?
  2. Inwiefern planen Sie, das Recht auf Gleichbehandlung des Grundgesetzes im Hamburger Schulgesetz umzusetzen?
  3. Wie stellen Sie sicher, dass der Bildungserfolg für alle Kinder trotz verschiedener Hintergründe und Fähigkeiten garantiert wird, insbesondere beim Zugang zu Schule und Schulübergängen, speziell dem ins Gymnasium?
  4. Wie stellen Sie sicher, dass Maßnahmen zur Förderbedarfsfeststellung diskriminierungsfrei erfolgen?

Unsere Vorstellung einer inklusiven Schule für alle bedenkt genau die vielfältigen Trennungen und Segregationen in der heutigen Schule. Diese sollen durch die Umsetzung der UN-Behindertenrechts- und der UN-Kinderrechtskonvention begegnet werden. Wir sehen in der inklusiven Schule auch einen wesentlichen Beitrag, darin, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln.

4.1. DISKRIMINIERUNGSSENSIBILITÄT IN DER JUSTIZ UND RECHTSPRECHUNG

Der rechtliche Diskriminierungsschutz bedarf der praktischen Umsetzung in der Rechtsprechung durch die Gerichte. In Fach-debatten wird immer wieder kritisiert, dass Richter*innen als Gruppe „soziodemografisch nicht über die Erfahrungsbreite der Bevölkerung verfügen“ (Susanne Baer, Bundesverfassungsrichterin) und dass eine grundlegende Sensibilität für die Themen Diskriminierung und Vielfalt kein fester Bestandteil der Aus- und Weiterbildung sind.

  1. Welche Schritte werden Sie ergreifen, um die Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt in der Richter*innenschaft zu vergrößern?
  2. Wie werden Sie die Auseinandersetzung mit den Themen Vielfalt, Diskriminierung und rechtlicher Diskriminierungsschutz als Bestandteil der Richter*innenaus- und -weiterbildung verankern?
  3. Bei der Strafzumessung finden gemäß § 46 Abs. 2 StGB die Beweggründe und die Ziele von Täter*innen Betrachtung. Werden Sie sich für eine Dokumentation und Evaluation der Anwendung dieser Strafzumessungsregel in Prozessverläufen in Hamburg einsetzen?

In der Tat rekrutiert sich die Richter*innenschaft aus einer soziodemographisch relativ homogenen Gruppe. In Hamburg steht in den kommenden Jahren eine Pensionierungswelle bevor, die Neueinstellungen erforderlich machen wird. Das Bewerbungsverfahren sollte dabei derart geöffnet werden, dass interkulturelle und soziale Kompetenzen der Bewerber*innen stärker als bisher als besondere Qualifikation für die Richter*innenschaft verstanden werden sollten.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass rassistische, antisemitische, antiziganistische oder homophobe Beweggründe von Täter*innen oftmals nicht oder nur unzureichend im Strafverfahren berücksichtigt werden. Wir setzen uns daher dafür ein, dass im Jura-studium, im Referendariat und im Rahmen der Weiterbildung von Richter*innen die Themen Diskriminierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verankert werden. Gegenstand soll dabei auch eine kritische Auseinandersetzung mit stereotypen und diskriminierenden Vorstellungen von Kriminalität sein. Eine Dokumentation und Evaluation der Anwendung des § 46 Abs.2 StGB ist sinnvoll und kann dabei helfen, mögliche Schwachstellen der justiziellen Arbeit beim Erkennen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als Tatmotivation offenzulegen und ihnen effektiv durch Schulungen u.ä. begegnen zu können.

4.2. SENSIBILITÄT DER LANDESPOLIZEI FÜR DISKRIMINIERUNG

Polizeibeamt*innen sind nicht frei davon, diskriminierende Zuschreibungen zu reproduzieren und sich in ihrem Handeln und Urteilen davon beeinflussen zu lassen. Aufgrund ihrer wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben und ihrer besonderen Stellung ist eine Auseinandersetzung mit dem Thema Diskriminierung und der eigenen Rolle für Polizist*innen besonders wichtig ins-besondere, weil sie häufig als Ansprechpartner*innen bei Diskriminierung wahrgenommen und um Unterstützung gebeten werden.

  1. Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass Polizeibeamt*innen in der Ausbildung Diskriminierungssensibilität als Kernkompetenz vermittelt und die Sensibilität kontinuierlich im Rahmen von Fortbildungen erweitert wird?
  2. Werden Sie eine unabhängige Polizeivertrauensstelle einrichten, die für die Bevölkerung aber auch für von Diskriminierung betroffene Polizeibeamt*innen offensteht?
  3. Mit welchen Maßnahmen werden Sie die Diversität in der Personalstruktur der Landespolizei vergrößern?

Wir sind der Auffassung, dass Menschenrechtsbildung fester Bestandteil der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamtinnen und -beamten sein muss, und unterstützen alle Maßnahmen, sie im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung für diskriminierendes Verhalten zu sensibilisieren.

Aufgrund der besonderen Rolle der Polizei als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols ist eine unabhängige Kontrolle unerlässlich. In der Vergangenheit wurden bei der Aufarbeitung polizeilichen Fehlverhaltens immer wieder Defizite sichtbar. DIE LINKE setzt sich daher für die Schaffung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle mit eigenständigen Ermittlungsbefugnissen ein.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die gesellschaftliche vorhandene Diversität auch in der Personalstruktur der Polizei repräsentiert wird. Dieses Ziel wird durch eine entsprechende Einstellungs- und Beförderungspolitik erreicht, was bisher nur unzulänglich geschieht.

4.3. UMGANG MIT DEN FOLGEN VON #METWO IN HAMBURG

Das Hashtag #metwo, das im Sommer 2018 durch Ali Can initiiert wurde, zeigt auf vielfältige Weise, wie und wo Menschen Rassismus erleben. Dabei wurden auch Fälle in Hamburg sichtbar.

Wie werden Sie die #metwo-Debatte in Hamburg aufbereiten und was ist hierfür Ihre zeitliche Planung?

Die Berichte unter dem Hashtag #metwo waren ein wichtiger Beitrag zur Sichtbarmachung von Alltagsrassismus, dem als migrantisch gelesene Personen ausgesetzt sind.

DIE LINKE setzt sich für eine finanzielle und personelle Stärkung der Beratungsstellen für Betroffene ein und fordert eine Intensivierung der Menschenrechtsbildung in allen Bereichen. Durch die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes soll die Durchsetzung ihrer Rechte für Betroffene erleichtert werden und bezirkliche Antidiskriminierungsstellen können einen niedrigschwelligen Zugang zur Beratung, Unterstützung von Betroffenen beitragen und sie empowern.

4.4. AUFBEREITUNG VON #METOO IN HAMBURG

Die Vorwürfe vieler Frauen gegen den Produzenten Harvey Weinstein haben über die Grenzen Hollywoods hinaus die #me-too-Debatte ausgelöst. Hierbei ging es um Sexismus und um Gewalt von Männern gegen Frauen. In den sozialen Netzwerken wurden zahlreiche Fälle mit einem Bezug zu Hamburg öffentlich gemacht.

Werden Sie die #metoo-Debatte in Hamburg aufbereiten und wenn ja, wie?

Weltweit teilen Menschen unter dem #metoo ihre Erfahrungen mit Sexismus und sexualisierter Gewalt. In der deutlichen Mehrzahl sind die Betroffenen Frauen*. Der Hashtag macht die brutale Alltäglichkeit und Allgegenwärtigkeit von übergriffigem Verhalten und sexistischen Denkmustern in besonderer Weise sichtbar.

Wir engagieren uns klar gegen Sexismus in all seinen Facetten und gegen seine Fundamente. Wir streben eine Gesellschaft an in der alle Geschlechter gleichberechtigt sind und genderbasierte Machtungleichheiten der Geschichte angehören. Feminism needs to be the future!

4.5. RACIAL / ETHNIC PROFILING VERHINDERN

„Racial / Ethnic Profiling“ steht für die Verdächtigung und Verfolgung von Menschen aufgrund sogenannter herkunftsbasierter Personenprofile durch die Polizei. Es beschreibt die diskriminierende Verwendung von Zuschreibungen, wie äußere Merk-male, tatsächliche oder angenommene ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, Herkunft und Sprache, als Grundlage für Identitätskontrollen und Durchsuchungen ohne konkretes Verdachtsmoment. Diese polizeiliche Maßnahme ist nicht mit dem im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar und durch verschiedene internationale Rechtsnormen ge-ächtet. Dennoch findet sie immer wieder in der Öffentlichkeit statt, verletzt die Würde der Betroffenen und bestätigt rassistische Einstellungen in der Bevölkerung.

Wie werden Sie das sogenannte “Racial / Ethnic Profiling” in Zukunft verhindern bzw. zu dessen Abbau beitragen?

DIE LINKE fordert ein Ende des „racial profiling“. Positive Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, dass Polizeikräfte sensibilisiert und Kontrollmechanismen (z.B. Dokumentationspflichten) verankert werden müssen, um die illegale Praxis einzudämmen. Schon vor Jahren hat die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte das Handbuch „Diskriminierendes „Ethnic Profiling“ heraus-gegeben. Es enthält eine Reihe von Fallstudien, wie dieser diskriminierenden Praxis entgegengearbeitet werden kann. Sie sollten in die Aus- und Weiterbildung der Hamburger Polizei einbezogen und in ihrer täglichen Arbeit umgesetzt werden.

Eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle, wie unter 4.2. angesprochen, ist ebenfalls ein wichtiges Instrument, um „Racial Profiling“ bzw. „Ethnic Profiling“ zu bekämpfen. Sie kann einerseits Anlaufstelle für Betroffene sein, andererseits sicherstellen, dass die für rassistisches polizeiliches Handeln Verantwortlichen sanktioniert werden, um so künftig Schutz vor Diskriminierungen durch die Polizei zu bieten.

„Racial profiling“ muss im Polizeigesetz explizit verboten werden. Verdachtsunabhängige Kontrollen (wie sie an sog. „gefährlichen Orten“ und im Rahmen der „gezielten Kontrolle“ möglich sind) als Einfallstore einer rassistischen Kontrollpolitik gehören abgeschafft.

4.6. VERBESSERUNG DER POLIZEILICHEN ERFASSUNG VON POLITISCH MOTIVIERTEN STRAFTATEN

Die polizeiliche Kriminalstatistik versucht strafrechtliche relevante Vorfälle zu erfassen, um anhand dessen gesellschaftliche Problemlagen zu identifizieren. Das setzt jedoch voraus, dass Hasskriminalität und diskriminierende Vorfälle auch als solche erkannt werden und als rechte, politisch motivierte Kriminalität eingeordnet werden. Hierbei sollten die Stimmen der betroffenen Personen besonders relevant sein, wie aus dem Abschlussbericht des NSU – Untersuchungsausschusses des Bundestags hervorgeht.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um Polizeibeamt*innen stärker als bisher für politisch motivierte Kriminalität (PMK-Rechts), Rassismus und menschenfeindliche Ideologien zu sensibilisieren?

Im Rahmen unserer bisherigen parlamentarischen Arbeit haben wir quartalsweise die statistische Erfassung von Hasskriminalität und rechten Straf- und Gewalttaten durch Schriftliche Kleine Anfragen abgefragt, ausgewertet und öffentlich gemacht. Sofern wir festgestellt haben, dass Vorfälle, die einen diskriminierenden oder rechten Hintergrund nahelegen, nicht entsprechend in der Statistik eingeordnet waren, haben wir auf diese Widersprüche hingewiesen. Diese Arbeit wollen wir auch in Zukunft fortsetzen. Zudem muss es bei der Polizei regelmäßige Schulungen zum Erkennen und vor allem auch zum Umgang mit Hasskriminalität und rechtsmotivierten Straftaten geben; nicht nur in der Ausbildung, sondern auch als regelmäßige, verpflichtende Weiterbildung. Dabei muss auch die Sensibilisierung im Umgang mit den Betroffenen thematisiert und geschult werden.

Es ist ein großes Defizit, dass in Hamburg – als einziges Tatortland des NSU – kein NSU-Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde, obwohl wir dies mehrfach beantragt haben. Wir halten an der Forderung nach einem NSU-Untersuchungsausschuss fest und halten ihn für unabdingbar, um Defizite und Fehlverhalten der Behörden im Umgang mit rechter Gewalt und der rechtsterroristischen Mordserie des NSU aufzuklären und in der Zukunft vermeiden zu können.

4.7. EINRICHTUNG EINER SCHWERPUNKTSSTAATSANWALTSCHAFT FÜR HASSKRIMININALITÄT MIT LSBTI-BEZUG

Unter Hasskrimininalität versteht man Delikte, die aus Motiven einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit begangen werden. Die Delikte haben nicht nur für die direkten Opfer besonders starke Folgen, sondern erzeugen innerhalb der ganzen Minderheitengruppe ein Gefühl der Angst und Bedrohung und vergiften das gesellschaftliche Klima. Gerade bei diesen Taten besteht ein großes Dunkelfeld, und auch wenn die Taten angezeigt werden, werden sie häufig nicht als Hass-Delikte erkannt oder behandelt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat vor diesem Hintergrund zwei Staatsanwält*innen als LSBTI-Ansprechpersonen eingesetzt, die besonders auf Taten mit trans*-, inter* oder homofeindlichem Hintergrund spezialisiert sind.

Werden Sie Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften einrichten, die auf Taten mit einem trans*-, inter* oder homofeindlichem Hintergrund spezialisiert sind?

Wir setzen in dem Bereich in erster Linie auf Maßnahmen zur Prävention und gesellschaftliche Sensibilisierung, denn wenn die Strafverfolgungsbehörden gebraucht werden ist im Vorfeld bereits einiges schief gelaufen. Leider sind Hassverbrechen natürlich bittere Realität. Besonders geschultes Personal, ob bei der Polizei, den Behörden oder der Staatsanwaltschaft halten wir daher für ein sinnvolles Instrument.

5.1. FÖRDERUNG EINES DISKRIMINIERUNGSSENSIBLEN UND VIELFALTBEWUSSTEN KULTURBETRIEBS

Kulturelle Einrichtungen haben die Möglichkeit, auf künstlerische und informative Weise gesellschaftliche Missstände und Diskriminierungen zu thematisieren. Gleichzeitig werden auch innerhalb des Kulturbetriebs diskriminierende Praxen reproduziert. Dazu gehört etwa, dass Menschen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen in Filmen, auf Bühnen oder in Museen personell wie thematisch unterrepräsentiert sind und / oder Zugangsmöglichkeiten fehlen.

  1. Werden Sie Fördermittel für Kulturbeiträge bereitstellen, die sich kritisch mit Vorurteilen auseinandersetzen, für Diskriminierung sensibilisieren oder gesellschaftliche Vielfalt in nicht stereotyper Weise darstellen?
  2. Wie werden Sie fördern, dass Kulturinstitutionen marginalisierte Bevölkerungsgruppen in ihrer Personalstruktur angemessen abbilden, ihre Perspektiven in den Angeboten und Inhalten repräsentieren und gruppenspezifische Zugangsbarrieren abbauen?
  3. Werden Sie die Finanzierung der Angebote fortsetzen und ausweiten, die eine Beratung und Begleitung von Kulturbetrieben mit dem Ziel einer vielfaltssensiblen Organisationsentwicklung zum Inhalt haben?

Mit unserem Vorschlag einen Diversitätsfonds und eine Servicestelle Diversitätsentwicklung einzurichten, orientieren wir uns an den Handlungsansätzen der Organisation 'Citizens For Europe'. Die bestehende Hamburger Projektförderung, die Fördermittel aus den Mittel der Kultur- und Tourismustaxe und dem Elbkulturfonds sollen weiterhin zur Verfügung stehen. Wir brauchen Regelförderstrukturen, die über ein Rahmenkonzept Diversitätsentwicklung, im Dialog mit den zivilgesellschaftlichen Strukturen und Verbänden, zu gestalten sind. Für den Haushalt 2021/2022 muss der Finanzierungsbedarf für mittel- bis langfristige Maßnahmen zur Diversitätsentwicklung ermittelt und entsprechend veranschlagt werden.

Entsprechend der Charta der Vielfalt halten wir die klare Selbstverpflichtung zur Förderung von Vielfalt durch die Leitung der öffentlichen Verwaltung und Einrichtungen für eine Voraussetzung, um glaubwürdig Diversitätsentwicklung voranzutreiben. Dafür gilt es gemeinsam mit den Kultureinrichtungen ein Leitbild für die Förderung von Vielfalt zu entwickeln, das als Selbstverpflichtung in gegenseitig verbindliche Zielvereinbarungen einfließt und die strategische Planung und Umsetzung von Maßnahmen bestimmt. Für Steuerung und Monitoring gilt es Forschung über Zielgruppen und Zugangsbarrieren zu nutzen. Die Berufung der Leitung von Kultureinrichtungen und die Besetzung von Gremien ist unter Diversitäts- und Gleichstellungskriterien vorzunehmen.

Wir wollen Beratungs- und Begleitstrukturen nicht nur verstetigen, sondern ausbauen. Es braucht ein Finanzierungsprogramm für Diversitätsfördermittel und als koordinierende Stelle muss eine „Servicestelle Diversitätsentwicklung“ neu gegründet werden. Um Ausschlussmechanismen und Zugangsbarrieren zu analysieren, braucht es spartenübergreifend Erkenntnisse aus der BesucherInnenforschung, oder 'NichtnutzerInnen-Studien'. Entsprechende Maßnahmen zum BesucherInnenmonitoring sind zu finanzieren.

5.2. DIVERSITÄT IM KULTURBEREICH ERHÖHEN 

Oft sind marginalisierten Bevölkerungsgruppen im Kulturbereich prekär beschäftigt und werden für Produktionen wie Thea-terstücke nur temporär gebucht. Betroffene bemängeln, dass ihre Expertise genutzt wird, ohne dass eine längerfristige berufli-che Perspektive geschaffen wird.

  1. Wie werden Sie fördern, dass Institutionen des Hamburger Kulturbetriebs zukünftig qualifiziert sind, um die Diversifizierung Ihrer Einrichtungen diskriminierungsbewusst voranzutreiben?
  2. Welche Mittel werden Sie zur Verfügung stellen, um das hierfür erforderliche Angebot an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu garantieren und weiterzuentwickeln?
  3. In welcher Form sehen Sie vor, Diversity- und Antidiskriminierungsansätze bereits als Teil der Ausbildungen im Kulturbereich, unter anderem an Universitäten und Hochschulen, zu etablieren?

 

Eine vielfaltssensible Öffnung beinhaltet immer auch eine Diskriminierungssensibilisierung der Institution. Hierbei sollen geförderte Kultureinrichtungen durch professionelle begleitet und unterstützt werden. Als koordinierende und beratende Stelle bietet sich hier die „Servicestelle Diversitätsentwicklung“ an. In diesem Kontext kann die Stadt übrigens sehr profitieren von den Erkenntnissen des Projektes „Orte der Vielfalt“, das die W3 durchgeführt hat.

Für kurzfristig zu realisierende Maßnahmen sind im Jahr 2020 Mittel aus dem laufenden Haushalt aufzubringen. Für den Haushalt 2021/2022 muss der Finanzierungsbedarf für mittel- bis langfristige Maßnahmen zur Diversitätsentwicklung ermittelt und entsprechend veranschlagt werden.

In den Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Hochschulen ist die Weiterentwicklung des Diversity Managements und Gender Mainstreamings verankert. Trotzdem gilt auch hier, dass die Vielfalt der Hamburger Stadtgesellschaft im Personalbereich, im (inhaltlichen) Angebot und unter den Studierenden noch nicht ausreichend repräsentiert ist. Vielfaltssensible Orientierung sollte als eine priori-täre Querschnittsaufgabe im Leitbild der Hochschulen verankert werden. Einen guten Ansatz hat die Hochschule für Musik und Theater mit dem Prozess „Diversity can inspire“ und der 'Steuerungsgruppe Diversity'. Die Etablierung fester Arbeitsgruppen zum Thema Diversity hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. Es sollte niedrigschwellige Unterstützungsstrukturen und -Angebote für von Diskriminierung Betroffene gibt, und dass hausintern regelmäßige sensibilisierende Fort- und Weiterbildungen ermöglicht werden. Vielfaltssensible Orientierung und Diskriminierungssensibilität sollten Teil der Ausbildung und Lehre sein. Angebote diversitätssensibler künstlerischer Bildung für Kunst und Theatertpädagog*innen sollen ausgeweitet werden.

5.3. BARRIEREFREIHEIT IN KULTUREINRICHTUNGEN

Kultureinrichtungen sollten für alle offen sein. Rollstuhlplätze sind mittlerweile an vielen Theatern und Bühnen vorhanden, für dicke Menschen geeignete Sitzmöglichkeiten fehlen hingegen. Oft sind beispielswiese die Sitzflächen zu schmal oder Armleh-nen begrenzen die Stühle seitlich, so dass eine Vergrößerung der Abstände zwischen den Stühlen keinen Zugewinn an Kom-fort mit sich bringt.

Wie werden Sie Barrierefreiheit für alle in den Kultureinrichtungen sicherstellen?

Wir werden zusammen mit den Verbänden und Vereinen sowie Einzelpersonen von Menschen mit Behinderungen die Barrieren in Kultureinrichtungen herausarbeiten und gemeinsam Konzepte erarbeiten und Maßnahmen, die zu einem Abbau der Barrieren beitra-gen, mit dem Ziel der Herstellung einer kompletten Barrierefreiheit.

6.1 SEXUALISIERTE BELÄSTIGUNG AM ARBEITSPLATZ VERHINDERN

Sexualisierte Belästigung und Grenzüberschreitungen am Arbeitsplatz gehören noch immer zum Alltag. Auch die Hamburger Verwaltung stellt hierbei keine Ausnahme dar.

  1. Was werden Sie unternehmen, um für Betroffenen niedrigschwellige Beratungsangebote bereitzustellen?
  2. Welche Angebote der Beratung werden für Mitarbeitende in der Hamburger Verwaltung zur Verfügung gestellt?
  3. Welche strukturellen Maßnahmen werden Sie ergreifen, um sexuelle Übergriffe zu verhindern?

Alle Dienststellen der Hamburger Verwaltung sollten über Gleichstellungs- bzw. Frauen*beauftragte oder über eine vergleichbare Beschwerdestelle verfügen. Diese sollten Betroffenen sexuellen Belästigung vertrauensvoll, unterstützend und beratend zur Seite stehen und Wissen über weiterführende Hilfsangebote zur Verfügung stellen.

Das Thema sexualisierte Gewalt muss in der Hamburger Verwaltung kontinuierlich Eingang in Fortbildungs- und Schulungsveranstaltungen finden. Es bedarf der Etablierung einer solidarischen Kultur des Hinsehens, übergriffiges Verhalten darf weder am Arbeitsplatz noch sonst wo geduldet werden.

6.2. GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT UND GLEICHSTELLUNG FÜR ALLE GESCHLECHTER UND GESCHLECHTLICHEN IDENTITÄTEN

Bisher wurde unter Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellungpolitik meist die Gleichstellung von cis Frauen und cis Män-nern verstanden. Trans* Männer und trans* Frauen, sowie intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen wurden nicht be-rücksichtigt. Seit dem 1.1.2019 gibt es im Personenstandsrecht neben männlich, weiblich oder dem offenlassen des Feldes auch die Möglichkeit „divers" zu wählen.

  1. Werden Sie in Zukunft mit Ihrer Gleichstellungspolitik die Gleichstellung aller Geschlechter verfolgen?
  2. Durch welche Maßnahmen werden Sie in Ihrer Gleichstellungspolitik die Gleichstellung aller Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten herbeiführen?

Wir haben uns schon immer für die Gleichberechtigung aller Geschlechter eingesetzt. Für uns ist es selbstverständlich trans*- und inter-geschlechtliche sowie nicht-binäre Personen mitzudenken. Und nicht nur auf die binären Geschlechterkategorien von weiblich und männlich zurückzugreifen.

Im vergangenen Jahr haben wir immer wieder auf eine schnelle Umsetzung des Bundeverfassungsgerichtsurteils zur „Dritten Option“ gedrängt. Wir begleiten diesen Prozess fortwährend kritisch und stehen dabei im Austausch mit Betroffenen und Beratungsstellen. In Hinblick auf das Gleichstellungpolitische Rahmenprogramm gibt es in diesem Bereich viel Nachholbedarf. Das fängt schon bei der Sprache des Programms an, das überwiegend ausschließlich in Frauen und Männern kategorisiert.

In einem aktuellen Antrag fordern wir die historische Aufarbeitung, Entschuldigung und Entschädigung von Menschenrechtsverletzungen an trans- und intergeschlechtlichen Personen.

6.3. ANTIZIGANISMUS ENTGEGENWIRKEN

Rassistische Einstellungen gegen Sinti*zze und Rom*nja sind unter Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung stark verbreitet und weitgehend normalisiert.

Mit welchen Maßnahmen werden Sie Antiziganismus entgegenwirken?

DIE LINKE setzt sich entschieden gegen die Diskriminierung von Sinti*zze und Rom*nja ein. Als Bekenntnis der Anerkennung und zur verbindlichen institutionellen Förderung der Minderheit der Sinti*zze und Rom*nja fordert DIE LINKE einen Staatsvertrag oder eine Rahmenvertrag, wie sie inzwischen von etlichen Bundesländern abgeschlossen wurden.

Im Rahmen der parlamentarischen Arbeit haben wir uns in der Vergangenheit mit der Diskriminierung gegen Sinti*zze und Rom*nja auseinandergesetzt. So haben wir z.B. durch eine sehr ausführliche Große Anfrage (21/8004) zur Aufarbeitung antiziganistischer Diskriminierung nach 1945 den Senat dazu gezwungen, sich dieses Themas anzunehmen. Zur Geschichte des Antiziganismus seit 1945 haben wir zwei Veranstaltungen durchgeführt. Die weitere Aufklärung wird auch in der nächsten Legislaturperiode ein wichtiges Anliegen sein.

7.1 DISKRIMINIERUNG BEI DER VERMIETUNG DER STADTEIGENEN WOHNUNGEN ABBAUEN

Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat 2017 das städtische Wohnungsunternehmen SAGA wegen Diskriminierung einer Miet-interessentin mit ausländisch klingenden Namen zu einer Entschädigung verurteilt.

  1. Wie werden Sie die diskriminierungsfreie Wohnungsvergabe durch das städtische Wohnungsunternehmen sicherstellen?
  2. Werden Sie sich für ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren bei der Wohnungsvergabe stark machen?
  3. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass durch die SAGA Richtlinien für die faire Vergabe ihrer Wohnungen entwickelt werden?

Mittlerweile ist auch bei der SAGA die Zahl freiwerdender Wohnungen rückläufig. Da es in Hamburg insgesamt zu wenig preisgünstige Wohnungen gibt, wird die Konkurrenz um freie Wohnungen auch bei der SAGA noch stärker. Aus Sicht der LINKEN sind zuerst diejenigen zu versorgen, die als vordringlich anerkannt Wohnungssuchende besondere Probleme auf dem Wohnungsmarkt haben. Für diese Menschen wie auch für alle anderen, die sich um eine Wohnung bei der SAGA bewerben, darf es keinen Ausschluss geben, weil irgend-was "falsch" sei oder nicht passt: egal ob Alter, Aussehen, Nachname, Geschlecht, Nationalität, Beruf oder kein Beruf, Hartz IV-Bezug oder Grundsicherung. Hierauf ist die SAGA zu verpflichten. Gleichzeitig ist - nicht nur für Wohnungsbewerber_innen bei der SAGA - eine Anlaufstelle einzurichten, wo Beschwerden entgegengenommen und geprüft werden.

Ja

Ja, siehe 1.

7.2. VERBESSERUNG DER WOHNSITUATION FÜR EU-BÜRGER*INNEN AUS DER BALKANREGION

Bulgarische und rumänische EU-Bürger*innen wohnen in Hamburg häufig unter prekären Bedingungen. Die Wohnungen weisen starke Mängel auf, einzeln vermietete Zimmer werden überbelegt, und die hierfür entrichtete Miete ist in der Regel überhöht.

Was werden Sie tun, um die Wohnsituation für bulgarische und rumänische EU-Bürger*innen zu verbessern?

Der Anreiz vieler Unionsbürger*innen nach Deutschland zuzuwandern ist die Aussicht auf einen Job. Grund hierfür ist in der Regel die wirtschaftliche Lage und schlechte Perspektive im Herkunftsland. Damit einher geht dann häufig eine höhere Bereitschaft prekäre Beschäftigungs- und Wohnverhältnisse in Kauf zu nehmen. Neben dem mangelnden Zugang zu bezahlbarem Wohnraum in Hamburg, sind unseres Erachtens nach auch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse die Ursache für die prekäre Wohnsituation der Betroffenen. Wir wollen ausbeuterische Strukturen auf dem Arbeitsmarkt durch stärkere Kontrollen unterbinden. EU-Bürger* innen, die Opfer von Arbeitsausbeutung geworden sind, sollen hier Schutz und Unterstützung erhalten. Um die Rechte von Zuwanderer*innen zu stärken, müssen Beratungsstellen, wie beispielsweise die Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit oder die Fachstelle Zuwanderung aus Osteuropa, ausgebaut und dauerhaft finanziert werden. Dafür setzt sich DIE LINKE ein. Denn diese Stellen stehen Betroffenen beratend zur Seite und unterstützen sie dabei ihre Rechte durchzusetzen und sie bei der Suche nach einer Wohnung zu unterstützen.

Besorgniserregend ist, dass viele EU-Zuwanderer*innen, denen es nicht gelingt hier Fuß zu fassen, in Hamburg auf der Straße leben und keinerlei sozialrechtliche Ansprüche haben. Menschen, sollten aber nicht sich selbst überlassen werden. Um Obdachlosigkeit und Verelendung vorzubeugen, benötigen diese Menschen frühzeitig Unterstützungsangebote und Zugang zu bedarfsgerechten Hilfen. Nur so kann Integration und der Zugang zu regulärer, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und Wohnraum gelingen.

8.1 INNERPARTEILICHE TEILHABE

Personengruppen, die von Diskriminierung betroffen sind, sind in politischen Entscheidungsprozessen oftmals unterrepräsentiert. Ausschlussmechanismen werden dabei teilweise bereits beim Zugang zu Informationen und zu Veranstaltungen wirksam. Sie zeigen sich aber vor allem bei der Partizipation in Parteien sowie in der Vergabe von Mandaten und hauptamtlichen Positionen innerhalb der Partei.

  1. Wie stellen Sie in Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, Ihren Entscheidungsfindungsprozessen und Abläufen sowie in Ihrer Personalstruktur Zugang und Teilhabe für alle Menschen sicher?
  2. Welche Personengruppen rücken Sie dabei ins Zentrum Ihrer Bemühungen?
  3. Wo nehmen Sie noch Lücken in der Partizipation wahr?

Oft sind es diejenigen, die am meisten unter der herrschenden Politik leiden, die keine Möglichkeit zur Partizipation haben. Dabei wären gerade ihre Erfahrungen und Perspektiven für einen sozial gerechten Wandel vonnöten. Politische Teilhabe muss allen Menschen gleichermaßen offen stehen.

Wir haben deshalb diverse Arbeitsgemeinschaften die gerade darauf abzielen das Wissen und die Bedürfnisse von diskriminierten Personengruppen einzubinden (Migration und Flucht, Senior*innen, Feminismus, Queer, Arbeit und Armut, Behinderungen).

In der Öffentlichkeitsarbeit verwenden wir selbstverständlich eine geschlechtergerechte Sprache, wir achten auf barrierefreie Büro- und Veranstaltungsorte und bieten in der Regel Gebärdendolmetschung an. Unser Anspruch ist es eigene Gremien und Wahllisten geschlechterparitätisch zu besetzen. Aktuelle beteiligen wir uns zudem an einem interfraktionellen Antrag für ein Hamburgisches Parité-Gesetz.

Trotz aktiver Gegenmaßnahmen können wir strukturelle Diskriminierungen natürlich nicht komplett auflösen. Als lernende Partei sind wir immer offen für Verbesserungsvorschläge.

8.2 EINBINDUNG ZIVILGESELLSCHAFTLICHER AKTEUR*INNEN IN DIE POLITISCHE ENTSCHEIDUNGSFINDUNG

Wenn ein politischer Prozess diskriminierungssensibel sein soll, ist es unabdingbar, die Perspektiven marginalisierter Bevölkerungsgruppen wahrzunehmen und aktiv einzubeziehen.

Wie stellen Sie die systematische Einbindung marginalisierter Bevölkerungsgruppen bei der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen sicher, um mögliche Diskriminierungsrisiken frühzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen?

Es gehört zu den Grundsätzen linker Politik, gerade die Interessen "marginalisierter Bevölkerungsgruppen" in den Fokus zu rücken und parlamentarisch zu vertreten. Durch zahlreiche (persönliche) Kontakte zu den verschiedenen Gruppen und - soweit vorhanden - Interessenvertretungen sind wir im steten Austausch und sensibilisiert.

Zurück