Wahlprüfsteine VCD vom 20.01.2020

Die Wahl zur 22. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg steht unmittelbar vor der Tür. Im Interesse der Wählerinnen und Wähler hat der VCD Nord die vorliegenden Wahlprüfsteine zu Thematiken der Verkehrspolitik in Hamburg entworfen. Bitte senden Sie uns Ihre Antworten spätestens bis zum 17.01.2020 zu.

Der VCD Nord möchte zusätzlich darauf hinweisen, dass er im kommenden Februar vor den besagten Wahlen, Vertreter und Vertreterinnen Ihrer Partei zu einer Veranstaltung zum Thema Verkehrspolitik separat einladen wird. Dort werden die nachfolgenden Fragen unter Anderem eine zentrale Rolle spielen.

Verbindliche Vorgaben an den Modal Split im Verkehrsraum Hamburg

Der VCD Nord sieht für Hamburg im Jahr 2035 einen Anteil an Wegen von: ÖV 33%, Radverkehr 28%, Zu Fuß 27% und MIV 12% als erstrebenswert an.

Wie beurteilen Sie diese Ziele des VCD?

Die radikale Reduzierung des MIV von derzeit 36 % ist absolut notwendig. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die CO2-Belastung in allen Bereichen in den letzten Jahren gesunken ist, nur nicht im Verkehrsbereich.

Für den Radverkehr gehen wir von einem höheren Anteil aus, der mit einer Verkehrsplanung zugunsten der umweltfreundlichen Verkehrsmittel erreichbar ist.

Welche Zwischenziele sehen Sie bezüglich der Verkehrsmittelanteile für die Jahre 2025 und 2030 vor?

Schnell mögliche Maßnahmen sind die Umnutzung des Straßenraums: für Busspuren und für ausreichend breite und geschützte Radfahrstreifen. Dadurch ist eine schnelle(re) Steigerung des Rad- und Busverkehrs möglich. Gleichzeitig wird mehr Platz für die Fußgänger*innen auf den Gehwegen geschaffen. Orientiert am Vorbild Kopenhagen gilt es, den Ausbau des umweltfreundlichen Verkehrs mit Einschränkungen für den MIV zu verbinden. Freiwilligkeit allein reicht nicht für den Umstieg.

Verkehrsvermeidung

Strategien der Verkehrsvermeidung sind in den Augen des VCD Nord die mit effektivsten Maßnahmenformen bezüglich einer nachhaltigen, lebenswerten und sicheren Verkehrsgestaltung.

Welche Überlegungen gibt es, Wohnen und Arbeiten räumlich näher zusammenzubringen?

In der heutigen Stadtplanung wird Wohnen und Arbeiten räumlich zusammen geplant. Da, wo die Trennung noch vorhanden ist, muss dafür Sorge getragen werden, dass die Arbeits- und Wohngebiete bequem und schnell mit Bus und Bahn, Fuß und Rad zu erreichen sind. Auch Lösungen, wie z.B. derzeit im Industriegebiet Billbrook mit dem ioki-Service (integriert in den HVV), sind auszuprobieren.

Gibt es Konzepte, den ausufernden Lieferverkehr zu bündeln (z.B. Güterverkehrszentren)?

Auf der „letzten Meile“ sollten innerhalb des Rings 2 die Lieferungen unternehmensübergreifend gebündelt abgewickelt werden. Bei einer autofreien Innenstadt, die wir anstreben, lassen sich auch Teile der Parkhäuser hierfür entsprechend umnutzen.

In ganz Hamburg sind laut einer Statista-Studie aktuell in Hamburg knapp 795.000 Personenkraftwagen zugelassen.

Wie viele Pkw halten Sie im Jahr 2030 in Hamburg für erstrebenswert?

So wenige Privat-Pkw wie möglich, so viele wie für schlecht an den ÖPNV angeschlossene Gebiete und für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen nötig - das ist unser Ziel! Stationsbasiertes Car-Sharing in vielen Wohngebieten kann z.B. für noch notwendige Transporte/Fahrten die entsprechenden Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Bei aller Vorsicht mit Zahlenangaben: Wir halten eine Reduktion des Bestands um 30% für relativ schnell machbar, in längerfristiger Perspektive streben wir 60% an.

Verkehrssicherheit

Verkehr ist eine der größten Gefahrenquellen. Der VCD Nord fordert eine sichere Verkehrsgestaltung nach dem Leitbild Vision Zero,  um die Anzahl an Verkehrstoten und Schwerverletzten aufgrund von Verkehrsunfällen perspektivisch auf null Personen zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen muss die Ausweitung von Tempo-30-Zonen im Verkehrsraum Hamburg umfassend gesteigert werden. Der VCD Nord verfolgt das Ziel, dass 80% der Bewohner in einer Tempo 30 Zone leben.

Mit welchen Maßnahmen lässt sich ein sicherer Verkehrsraum nach dem Zielvorsatz Vision Zero in Ihren Augen erfolgreich realisieren?

DIE LINKE fordert Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, für mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm- und Luftbelastung. Rasen ist kein Kavaliersdelikt. Um das viel zu schnell Fahren zu unterbinden sind auch Kampagnen, bauliche Maßnahmen, veränderte Ampelschaltungen etc. notwendig.

Die erschreckende Zahl von tödlichen Lkw-Abbiegeunfällen mit Radfahrenden muss - solange der Abbiegeassistent nicht verpflichtend ist - durch andere, technisch einfachere Maßnahmen reduziert und auf Null gebracht werden. In Kopenhagen wurden z.B. Sensoren und Warnlichter in den Lkw erfolgreich ausprobiert. 

Radfahrende und Fußgänger*innen sollten auf baulich getrennten Wegen unterwegs sein. Für den Ausbau des Radverkehrs wollen wir auch bisherige Autofahrspuren in  „Protected Bike Lanes“, also geschützte Radstreifen, umnutzen.

Welchen Prozentanteil an Straßenlänge (in Kilometern) an Tempo-30-Straßen halten Sie bis 2025 für realisierbar?

Mit der von der LINKEN geforderten Regelgeschwindigkeit von 30 km/h wird es nur noch Autobahnen und wenige Straßenabschnitte in der Stadt, z.B. in nicht bewohnten (Gewerbe-)Gebieten geben, wo schneller gefahren werden darf.

Ausweitung öffentlicher Verkehr

Die Bundesregierung hat eine Verdopplung der Nachfrage im Bahnverkehr im Koalitionsbeschluss verankert. Diese werden mit dem Hamburg-Takt, den der VCD Nord grundsätzlich begrüßt, allerdings nicht erreicht und mit der heutigen Infrastruktur nicht abgewickelt werden können. Der VCD Nord fordert massive Kapazitätsausweitungen im ÖPNV und SPNV. Neue Kapazitäten bedeuten auch Neuordnung des Straßenraums zugunsten des öffentlichen Verkehrs, z.B. Busspuren und LSA-Beschleunigung. 

Welche Pläne und Ansätze haben Sie diesbezüglich bis wann?

Ein veränderter Modal-Split braucht eine Neuaufteilung des Straßenraum zugunsten des umweltfreundlichen Verkehrs. Wir fordern ein sofortiges Programm für Busspuren auf den Hauptachsen und einen kurzfristigen Planungsbeginn für eine Stadtbahn.

Der Hamburg-Takt des rot-grünen Senats heißt leider nicht, dass es einen (mindestens) 5-Minuten-Takt für Busse und Bahnen gibt, sondern nur, dass jede*r Hamburger*in in 5 Minuten eine ÖPNV-Haltestelle erreichen kann. Wir brauchen jedoch in vielen Bereichen der Stadt eine Taktverdichtung.

Schienenkapazitäten müssen in Hamburg erhalten und ausgebaut werden. Die derzeitigen Planungen zur Verlegung des Altonaer Fern- und Regionalbahnhofs zum Diebsteich führen zu einer Reduzierung der Kapazitäten, deshalb lehnt DIE LINKE das ab.

Inwieweit die vorhandenen Gütergleise (auch) für den Personenverkehr zu nutzen sind - so wie der VCD es angeregt hat -  ist dringend zu prüfen. Auch der vom VCD wieder belebte Vorschlag einer direkten Bahnverbindung vom Hamburger Westen in den Süden (analog zum Elbtunnel) wird von uns unterstützt.

Wie wird die Finanzierung sichergestellt?

Projekte mit klarem Nutzen für den Hamburger Nah- und Regionalverkehr wollen wir aus Landesmitteln finanzieren. Aufgrund der Dringlichkeit einer Verkehrswende vor dem Hintergrund der Klimakrise wollen wir auch die Streichung der Schuldenbremse aus der Verfassung erreichen.

Unter Berücksichtigung der externen Folgekosten des Autoverkehrs sind öffentliche Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsträger nachhaltig.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um dem ansteigenden Fachkräftemangel an Fahrpersonal in Hamburg erfolgreich entgegenzuwirken?

Gute Arbeitsbedingungen machen auch Berufe mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten attraktiv: Neben einem überdurchschnittlichen Entgelt spielt insbesondere die Planbarkeit und Verlässlichkeit von Freizeit eine große Rolle. Auch muss die Vereinbarkeit von Familie und Fahrberuf verbessert werden, z.B. durch Betriebs-Kitas mit angepassten Öffnungszeiten.

Tarife und Fahrpreise

Der HVV zählt zu den teuersten Verbundräumen. Um viel mehr Fahrgäste zu gewinnen, müssen auch tarifliche Anreize geschaffen werden.

Wie stellen Sie sich eine Vereinfachung der Tarife vor?

Welche Tarifangebote könnten Ihrer Meinung nach im Preis reduziert werden?

Wir wollen im ersten Schritt ein 365 €-Jahresticket für Hamburg und ein kostenfreies Sozialticket für alle Menschen mit niedrigem oder gar keinem Einkommen. Mittelfristig wollen wir Fahrkarten im HVV ganz abschaffen und die kostenfreie Nutzung für Alle ermöglichen.

Um bei Einzelfahrten preislich attraktiv zu sein ist neben der günstigen Jahreskarte zu 365 € eine Reduzierung des Preises einer Tageskarte auf 2-3€ notwendig.

Wie bewerten Sie eine stärkere Beteiligung der Arbeitgeber an Jobtickets durch beispielsweise Umlagefinanzierung?

Wir befürworten eine Beteiligung der Arbeitgeber*innen durch Abgaben, wie die Wiener „U-Bahn-Steuer“ (Dienstgeberabgabe) oder das französische Modell des „versement transport“.

Reduktion von Parkraum

Fläche ist knapp und teuer, und für Parkplätze oft viel zu wertvoll. Dennoch werden Parkplätze in der Regel kostenfrei oder auch in der City verhältnismäßig günstig zur Verfügung gestellt.

Wie bewerten Sie die Maßnahmen einer zukünftig verstärkten Ausweitung von Anwohnerparken bei gleichzeitiger Erhöhung des Entgelts?

Parken ist in Hamburg viel zu günstig, in den vergangenen Jahren sind die Fahrpreise des ÖPNV deutlich schneller als die Parkgebühren gestiegen. Eine Ausweitung der Anwohner*innenparkzonen mit gleichzeitiger Erhöhung des Entgelts unterstützen wir. Eine wirkliche Verbesserung kann aber nur durch eine  Reduzierung des MIV erreicht werden.

Wie sind Ihre Ambitionen durch eine Umwandlung von Parkflächen in Freiflächen die Stadt Hamburg lebenswerter zu gestalten?

Ein Pkw steht in der Regel 23 Stunden am Tag nur herum. Hierfür wird in den Wohngebieten und überhaupt in der Stadt irre viel Platz - überwiegend kostenfrei - zur Verfügung gestellt. Diesen Platz will DIE LINKE zurückgewinnen: für Grün- und Freiflächen, für Aufenthaltsräume, für das Spielen von Kindern, für nachbarschaftliche Kontakte und vieles mehr.

Größere Parkplätze kommen (je nach lokaler Situation) auch für den öffentlichen Wohnungsbau in Betracht. Neubauten von Supermärkten mit großen ebenerdigen Parkplatzflächen gehören in die Mottenkiste und dürfen nicht mehr genehmigt werden.

Die österreichische Hauptstadt Wien nutzt bereits seit Jahren die flächendeckende Bewirtschaftung von Parkplätzen zur Finanzierung äußerst attraktiver Angebote des öffentlichen Nahverkehrs (365€-Ticket) und der Radinfrastruktur. Der hohe ÖPNV-Anteil am Modal-Split der Stadt spricht für den Erfolg dieses Konzeptes.

Wie würden Sie es beurteilen wenn Besitzer eines kostenpflichtigen Anwohnerparkausweises den HVV am Abend und Wochenende mit Begleitung kostenlos nutzen könnten?

Solange der Parkausweis weniger als ein HVV-Jahresticket kostet, wäre das ungerecht gegenüber den HVV-Nutzer_innen ohne Auto.

Straßensperrung zur Verbesserung der Luftqualität

In Hamburg mussten zur Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten zwei Straßen für ältere Dieselfahrzeuge gesperrt werden. Aktuell reichen diese Maßnahmen nicht aus.

Sollten die Grenzwerte auch künftig nicht unterschritten werden, würden Sie dann weitere Straßensperrungsmaßnahmen zum Schutz von Anwohnern unterstützen?

Ja, unbedingt. Es ist traurig, dass es erst Gerichtsurteile braucht, damit der Senat die Gesundheit der Anwohner*innen schützen wird.

Wir befürworten eine Reduktion der Fahrstreifen bei gleichzeitigem Ausbau der Alternativen. Am Beispiel der Habichtstraße hat DIE LINKE eine Zweispurigkeit für den LKW- und Autoverkehr gefordert, bei Nutzung der übrigen Fahrstreifen für Busspuren mit einem verstärkten Busangebot. Im Falle der Max-Brauer-Straße schlägt DIE LINKE eine schrittweise Umstellung der Buslinien auf den Verkehr mit Hybrid-O-Bussen vor.

Hamburger Hafen

Die Köhlbrandbrücke wird in naher Zukunft zwangsläufig nicht mehr in voller Auslastung befahrbar sein. Der Bau einer Ersatzbrücke wird extrem hohe Kosten verursachen und viel Zeit in Anspruch nehmen.

Würde es sich Ihrer Meinung nach nicht anbieten alternative Verkehrskonzepte zu erwägen?

Wie bewerten Sie als Maßnahme die südliche Querung in Form einer Bundesstraße auf Höhe der Kattwykbrücke?

Das kann einbezogen werden in die Bewertung der zukünftigen Köhlbrandquerung. Aber erstmal ist der Senat in der Pflicht, möglichst bald für eine Tunnel- oder Brückenlösung alle Daten, Vor- und Nachteile sowie Alternativen vorzulegen.

Innerhalb des Hamburger Hafens werden viele Container mittels LKW-Transport umfahren. Eine Verlagerung der LKW-Transporte auf Binnenschiffe würde nicht nur den Straßenverkehr rund um die Köhlbrandbrücke deutlich entlasten, sondern auch ein umweltschonenderes Umfahren der Container gewährleisten.

Wie stehen Sie zu der Idee das Umfahren von Containern im Hamburger Hafen zukünftig soweit wie möglich auf dem Wasser zu gestalten?

Die verstärkte Nutzung des Wasserweges für Umfahrten fordern wir seit langen, ergänzend kann zwischen den Terminals und zur Containerprüfanlage des Zolls auch ein Shuttleverkehr auf der Schiene eingerichtet werden.

Zudem ist aus Sicht des VCD Nord diesbezüglich die verstärkte Nutzung des Hamburger Hafens als Eisenbahnhafen im Sinne eines erhöhten Einsatzes von Zügen als sinnvolle Alternative zu nennen.

Wie stehen Sie zu einer zukünftigen Ausweitung des Bahnverkehres im Hamburger Hafen auch auf kurzen und mittleren Entfernungen mittels kombinierten Verkehrs?

Der Hamburger Hafen ist ein Eisenbahnhafen, aber da geht sicher noch mehr. Dabei sollte der Verschubverkehr aber zunehmend mit „sauberen“ V-Lok bzw. Hybrid-Lok geschehen. Dazu sind seitens der Hafenbahn evtl. auch neue Überlegungen zur Nutzung ihrer Infrastruktur durch EVU zu machen.
Außerdem müssen die Zulaufstrecken zum Hafen fit für mehr Güterverkehr gemacht werden.

Favorisieren Sie als Lösung den Bau einer neuen Köhlbrandbrücke oder die genannten alternativen Konzepte (Bundestraße Höhe Kattwykbrücke; Umfahren von Containern auf dem Wasserweg; Verstärkte Nutzung des Schienenverkehres)?

Das können wir nicht sagen, solange der Senat nicht die notwendigen Daten vorlegt hat (s.o.). 

Ausbau Radinfrastruktur

Neben dem öffentlichen Verkehr ist das Fahrrad wesentliche Alternative zum Pkw. Der Ausbau der Radinfrastruktur geht langsamer voran als vorgesehen. Um mehr Hamburgerinnen und Hamburger zur Nutzung des Fortbewegungsmittels Fahrrad zu überzeugen muss der Radfahrkomfort in Hamburg zukünftig um ein Vielfaches gesteigert werden.

Welche Investitionen pro Bürger und Jahr halten Sie für den Radverkehr für zielführend?

Aus Sicht der LINKEN sind 100 Mio. € jährlich so lange nötig, bis es in Hamburg eine Radinfrastruktur gibt, die zum Radfahren animiert und nicht mit teilweise gefährlichen Radwegen und -streifen abschreckt. Radfahren ist neben zu Zufußgehen die umweltfreundlichste Fortbewegungsart. Steigen immer mehr Autofahrende auf das Rad um, wird enorm viel Geld für die sog. externen Kosten des Autoverkehrs eingespart, das sonst die Stadt, der Bund und letztendlich jede*r Steuerzahler*in - auch ohne eigenen Pkw - aufbringen müssen. 

Welche Maßnahmen sollten in den Fokus gerückt werden?

Bis zu welchem Zeitpunkt wollen Sie diese Maßnahmen umsetzen?

Die Radschnellwege brauchen wir ebenso wie die Fertigstellung des Veloroutennetzes so schnell wie möglich. Da wir eine kleine Partei/Bürgerschaftsfraktion und keine Behörde mit vielen Planer_innen sind, können wir keinen genauen Zeitplan angeben.

2018 wurde unser Bürgerschaftsantrag abgelehnt, erstmalig geschützte Radstreifen an zehn stark befahrenen Straßen zu schaffen und dafür u.a. die geplanten 29 Mio. € für die "Teststrecke autonomes vernetztes Fahren" und "V2X-Kommunikation" im Zusammenhang mit dem Welttransportkongress (ITS) 2021 zu nehmen.

Wie bewerten Sie den grünen Pfeil für Radfahrer in Hamburg? Wäre das eine Idee für Hamburg?

Ja. Wir haben erstmals im November 2015 beantragt, die Einführung des Grünen Pfeils für Radfahrende zu ermöglichen (Bürgerschaftsdrucksache 21/2207). Leider wurde das vom Senat und von allen anderen Parteien bisher immer abgelehnt.

Stärkung des "Gehens"

Die am wenigsten beachtete Fortbewegungsart ist das "Gehen". Es scheitert aber häufig an Barrieren wie unterbrochenen Gehwegen, Bettelampeln, nicht vorhandenen Zebrastreifen, mangelnder Beleuchtung oder einfach an fehlender Beschilderung.

Setzen Sie sich für ein Fußwegenetz und dessen Barrierefreiheit ein?

Ja, die modellhaften Fußgänger*innenkonzepte für Hoheluft-Ost und Alsterdorf wurden von uns unterstützt. Entscheidend ist jetzt, Ähnliches flächendeckend unter Beteiligung der Bürger*innen für alle Stadtteile zu entwickeln, ausreichend zu finanzieren sowie in den Behörden die notwendigen Planungskapazitäten aufzubauen.

Wie bewerten Sie die Qualität der öffentlichen Beleuchtung?

Der Senat beleuchtet weiterhin die Straßen, die Beleuchtung von Fußwegen und Bordsteinradwegen ist gewissermaßen nur ein „Abfallprodukt“ der Straßenbeleuchtung. Wir wollen einen verbindlichen Standard für eine Gehwegbeleuchtung, der dann über die nächsten Jahre im Rahmen der Umsetzung von Fußgänger*innenkonzepten umgesetzt wird.

Wie stehen Sie zu der Implementierung einer hängenden Straßenbeleuchtung wo möglich und sinnvoll?

Hierzu haben wir uns noch keine Meinung gebildet.

Schaffung von Wohnraum

In Hamburg wird händeringend nach Flächen für Wohnraum gesucht. Dabei wird auch wie in Barmbek und Altona Bahngelände umgewandelt. Damit wird dem klima- und flächenfreundlichsten Verkehrssystem Kapazität entzogen.

Welche Meinung haben Sie zum Rückbau von Gleisanlagen?

Die DB hat vor Jahren die Bahnflächen in Altona und Barmbek für anderweitige Nutzungen zur Verfügung gestellt, da sie diese nach eigenen Angaben nicht mehr benötigen würde. Über die verfehlte Politik der DB seit der Mehdorn-Ära ließe sich noch viel sagen resp. schreiben ... .

Einen Rückbau von Gleisanlagen auf das aktuell betrieblich Notwendige lehnen wir ab. Vielmehr sind Betriebe wieder an die Bahn - z.B. durch Reaktivierung vorhandener Industriegleise - anzuschließen. Auch ist der VCD-Vorschlag für eine Nutzung von Gütergleisen/Güterumgehungsbahn für den Personenverkehr zu prüfen.

Wie bewerten Sie es stattdessen Teile der Flächen des Flughafens und/oder des Messegeländes für Wohnraum einzusetzen?

Für das Messegelände hat DIE LINKE - bisher leider erfolglos - eine Umnutzung beantragt. Dieses mitten in der Stadt gelegene, mit ÖPNV und Bahnfernverkehr optimal erschlossene Gelände ist hervorragend für ein neues Quartier mit dauerhaft günstigen Wohnungen und mit vielfältigen Arbeitsplätzen geeignet. Für die Messe ist ein neuer Standort im Hafengebiet möglich.

Wir sind gegen den Neubau eines (größeren) Flughafens außerhalb Hamburgs. Unser Ziel ist weiterhin, den Flugverkehr drastisch zu reduzieren. Die Lärmbelastung durch den Flughafen und die CO2-Emissionen des Flugverkehrs wollen wir z.B. durch das Verbot von Kurzstreckenflügen reduzieren.

Wie sehen Sie die Umwandlung von Straßenflächen und Knotenbereiche in Wohnraum?

Für die Louise-Schröder-Straße in Altona gab es schon in den 90er Jahren Vorschläge, Wohnungsbau auf den dortigen, völlig überdimensionierten Straßenflächen zu realisieren. Überall dort, wo Straßen- und Parkplatzflächen zugunsten guter Wohnverhältnisse umgenutzt werden können, unterstützen wir das. Wo Wohnen nicht möglich ist, sollen die überflüssigen Straßenverkehrsflächen anderweitig genutzt werden.

Was halten Sie von zusätzlichen Dachgeschossausbauten?

Das Potenzial der Aufstockungsmöglichkeiten in Hamburg wird sehr hoch eingeschätzt. Die Realisierung ist neben "banaler" Statikfragen abhängig von den Kosten und vor allem auch von der Einpassung in die Umgebung. In bereits dicht besiedelten Gebieten wie Ottensen wurden viele Dachgeschossausbauten als lukrative Geldanlagen mit extrem hohen Mieten oder teuren Eigentumswohnungen realisiert. So einer Entwicklung stellt sich DIE LINKE vehement entgegen. 

Neue Mobilitätsformen/Innovative ÖPNV-Konzepte

In Hamburg werden neue Mobilitätsformen ausprobiert, die zum Teil den öffentlichen Verkehr ergänzen (IOKI), zum Teil aber konkurrenzieren (MOIA).

Wie bewerten Sie diese Modelle?

Ein ergänzendes und tariflich integriertes System wie IOKI ist für Gebiete mit unzureichendem  ÖPNV-Angebot  zu unterstützen,  z.B. auch in den Vier- und Marschlanden, Teilen der Walddörfer oder im Hafen und weiteren Industriegebieten neben Billbrook.  

Konkurrenzsysteme wie MOIA befürworten wir nicht. Sie ziehen meistens auf ohnehin gut bedienten Relationen Fahrgäste aus dem ÖPNV ab und schädigen das Taxigewerbe.

Sind Sie der Auffassung, das free-floating CarSharing-Anbieter den Autoverkehr reduzieren?

Nein, das belegen auch diverse Untersuchungen.

Müsste es in Ihren Augen in Hamburg ein vermehrtes Angebot an stationärem CarSharing mit reservierten Parkplätzen geben?

Ja, diese Angebote sind eine echte und verlässliche Alternative zum Besitz eines Autos und stellen sicher, dass Bürger*innen bei Notwendigkeit auf Fahrzeuge für verschiedene Zwecke zugreifen können.

Für eine kurz- bis mittelfristige Kapazitätserweiterung des Hamburger ÖPNV sind größere Busse unerlässlich.

Wie bewerten Sie den Einsatz von Hybridoberleitungsbussen?

Wir halten sog. Streckenlader (oder Hybrid-O-Busse) für die beste Möglichkeit, den Busverkehr im innerstädtischen Bereich zu elektrifizieren. Der Nachteil der Investitionen in Fahrleitungen wird unseres Erachtens durch die geringeren Betriebskosten mittelfristig ausgeglichen. Leider ist unser Bürgerschaftsantrag für eine Hybrid-O-Busstrecke auf der M 15 zwischen Altonaer Bahnhof und Alsterchaussee ebenso wie ein Konzept für den Betrieb von Hybrid-O-Bussen in Hamburg abgelehnt worden (s. Drucksache 21/17819 vom 16.7.2019)

Der VCD Nord fordert zusätzlich zum Ausbau der Schnellbahn auch eine (Wieder)Einführung der Straßenbahn (Stadtbahn, Metro-Tram) in Hamburg. Dies ließe sich als wirklich sinnvolle Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr in Hamburg verstehen.

Wird in Ihren Augen das Verkehrsmittel Straßenbahn zur Erreichung der Klima- und Modal-Split-Ziele benötigt?

Unbedingt, deshalb setzt sich DIE LINKE auch für die Wiedereinführung einer Stadtbahn ein.

Die Stadtbahn bietet erhebliche höhere Kapazitäten als der Busverkehr. Die Baukosten liegen rund ein Zehntel unter denen einer U-Bahn. Außerdem sind Stadtbahnstrecken erheblich schneller als unterirdische U- oder S-Bahnstrecken zu bauen.

Die Stadtbahn soll z.B. die fehlenden Querverbindungen im schienengebundenen ÖPNV durch Strecken auf dem Ring 2 und Ring 3 schaffen, außerdem auch auf Magistralen in die Stadt (wie auf der alten Linie 2 Grindelallee, Hoheluftchaussee, ...) verkehren.

Statt des U4-Stummels auf die Horner Geest wollen wir ein Stadtbahnnetz Ost mit den Eckpunkten Jenfeld/Wandsbek/Innenstadt/Billstedt. Dies lässt sich zum gleichen Preis realisieren, wie das kurze Stück U4.

Statt des Abschnitts Siemersplatz-Arenen als U-Bahn möchte DIE LINKE auf diesem Stück die Keimzelle eines Stadtbahnnetzes im Westen Hamburgs entstehen lassen, mit der Strecke Schenefeld-Lurup (Anschl. S32)-Arenen-Stellingen-Siemersplatz-UKE erhält der Westen ein erstes Teilnetz der künftigen Stadtbahn.

Lebenswerte Innenstadt

Die Hamburger Innenstadt zeichnet sich vornehmlich durch ihre autogerechte Gestaltung aus. Dies geht jedoch auf Kosten einer stark verminderten Lebensqualität. Durch eine Minderung des Verkehrsaufkommens in diesem Bereich könnte die Innenstadt deutlich aufgewertet werden.

Wie bewerten Sie eine Verkehrsberuhigung in der Steinstraße und am Wallring in Höhe des Ausgangs zum Hauptbahnhof?

DIE LINKE setzt sich für eine "autofreie" Innenstadt ein, die auch die beiden Straßenzüge umfasst.

Die Innenstadt innerhalb des Ring 1 mit ihrem gutem ÖPNV-Angebot bietet sich absolut an für einen Verzicht auf das Auto. Erster Schritt: wer nicht im Ring 1 wohnt, bleibt mit seinem Auto draußen. Lieferverkehr, Ver- und Entsorgung und Menschen mit körperlicher Behinderung sind ausgenommen. Zweiter Schritt: Entwicklung von Alternativen für Bewohner_innen mit eigenem Auto. Dritter Schritt: Umnutzung der Mehrzahl der privaten Stellplätze. Parallel werden der ÖPNV und die Radverbindungen in die Stadt ausgebaut.

Dieser Prozess wird mehrere Jahre dauern, deshalb müssen wir sofort anfangen. „Altstadt für Alle“ und die „Ottenser Gestalten“ haben hier was Tolles und Großes angestoßen, das muss jetzt konsequent umgesetzt werden."  

Wie stehen Sie zur Umwandlung von Parkhäusern in Wohnhäuser im Innenstadtbereich?

Bei einer gelungenen Verkehrswende mit erheblich sinkenden Anteilen des Autoverkehrs am Modal Split stehen die bisherigen Parkhäuser für andere Nutzungen zur Verfügung. Neben Wohnbebauung bietet sich auch die Nutzung als Verteilstationen für die letzte Meile einer umweltfreundlichen Citylogistik an.

Wie beurteilen Sie eine Neuordnung des Busverkehres im Bereich Mönckebergstraße?

Die Mönckebergstraße wird derzeit von sehr vielen Buslinien befahren, außerdem herrscht dichter Fußgänger*innen- und Radverkehr. Im Kontext einer autofreien Innenstadt und damit einer autofreien Steinstraße wird diese erheblich an Attraktivität gewinnen. Viele Menschen nutzen die Busse in der Mönckebergstraße, damit sie direkt und auf kürzestem Weg die verschiedenen Geschäfte erreichen können. Das gilt vor allem auch für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen. Dieser Aspekt muss in der weiteren Planung berücksichtigt werden. Die Anbindung der Steinstraße für den Rad- und Busverkehr ist zu verbessern. Auch eine Stadtbahntrasse für die Innenstadt steht wieder auf der Tagesordnung.

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