Wahlprüfsteine Hamburg muss handeln, stadtpolitische Forderungen von FridaysForFutute vom 15.01.2020

  1. Welchen Stellenwert hat die Klimapolitik in Hamburg für Ihre Partei?

Der sozial-ökologische Umbau unseres kapitalistischen Systems ist nötig, das sagen wir schon länger und dies Denken verbreitet sich zum Glück zunehmend auch in der Gesellschaft.

  1. Wie bewerten Sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel? (UNO Weltklimarat, IPCC, ScientistsForFuture, Klimarat der Bundesregierung). Wollen Sie sich in Ihren Entscheidungen an der Wissenschaft ausrichten?

Unbedingt, und gerade bei diesem Thema ist sich „die Wissenschaft“ ja auch weitgehend einig. Da es in dieser Frage einen breiten Konsens für konsequentes Gegensteuern und Handeln gibt, muss sich Politik verstärkt mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen ernsthaft auseinandersetzen.

  1. Welche grundsätzlichen Klimaschutz-Positionen vertreten Sie auf Hamburg bezogen?

Den Umstieg auf 100% erneuerbare Energieerzeugung und -versorgung bis spätestens zum Jahr 2035.

Dazu ist nötig eine schnelle Abschaltung aller Kohleenergiequellen, die im städtischen Besitz sind (Wedel und Tiefstack), eine sofort anschließende Planung zum Ersatz der mit Erdgas betriebenen Kraftwerke (Tiefstack und Haferweg) und eine Initiative zur Abschaltung des Kohlekraftwerks Moorburg  Wir fordern die Abschaltung des Kohleheizkraftwerks Wedel bis 2025, wobei wir hier eine sofortige Teilstilllegung in den Sommermonaten und nach Möglichkeit darüber hinaus nur einen StandBy-Betrieb haben wollen und Gleiches auch für den Kohleblock in Tiefstack mit dem Zeithorizont 2026.

In der Fernwärmeversorgung haben wir Änderung der Einsatzreihenfolge zugunsten von Müllverbrennung und Gas vorgeschlagen. Wir schlagen für den Ersatz Wedels den Einsatz von mehr erneuerbaren Energien nördlich der Elbe, ohne Wärmeleitung unter der Elbe vor.

Für das Kraftwerk Moorburg muss ein Einvernehmen mit der Bundesregierung gesucht werden und ein Zeitplan für dessen schnellstmögliche Abschaltung erstellt werden, eher 2025 als 2038.

Dazu verlangen wir den Verzicht auf den Aufbau einer LNG-Infrastruktur, solange diese nicht aus 'grünem' Erdgas bedient werden kann und der Import von Fracking-LNG nicht verhindert werden kann.

Da Hamburg die Entwicklung auch bei der Solartechnik lange verschlafen hat setzen wir uns für einen sofortigen Neustart einer wirkungsvollen Förderungen und der Pflicht zum Bau von Solaranlagen ein.

Ein Solarflächenkataster, das alle potentiellen Flächen ausweist, ist eine der notwendigen vorbereitenden Maßnahmen. Geeignete Dachflächen sollen für solarthermische Anlagen genutzt werden, die der  Warmwasserbereitung und der Heizungsunterstützung dienen. Dadurch nicht genutzte Dachflächen sollen für Photovoltaik genutzt werden, wenn dies möglich ist.

Gebäude der Stadt Hamburg und ihrer Unternehmen werden vorbildlich energetisch saniert und großflächige, geeignete Dachflächen für solarthermische und Photovoltaik-Anlagen genutzt.

Wir wollen, dass alle Maßnahmen des Klimaplanes von Expertinnen und Experten im Rahmen eines parlamentarischen Gremiums (wir schlagen einen Sonderausschuss vor) auf die Plausibilität ihrer Zielzahlen geprüft werden und die vorschlagende Behörde im Falle von Widersprüchen zur Nachbesserung der Maßnahme bzw. Darlegung ihrer Einschätzung verpflichtet wird. Für den Fall, dass kein Konsens erzielt wird muss eine parlamentarische Entscheidung herbeigeführt werden. Das gilt auch für die Evaluation laufender Maßnahmen, wobei hier, bei Unterschreitung der CO2-Ziele, nur die Option einer Nachbesserung vorhanden ist. Den Ansatz für unsere Vorstellung haben wir mit unserem Antrag zum Klimanotstand in der Bürgerschaft gemacht. vgl.

https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/67817/der_klimanotstand_ist_real_verstaerkte_klimamassnahmen_ergreifen.pdf

Wir wollen die Aufstellung verbindlicher Raumnutzungspläne und eines Generalverkehrsplans für die Metropolregion, die Stadt und die Bezirke.

Für die widerstreitenden Interessen - auf der einen Seite zu wenig Wohnungen, auf der anderen Seite zu viel Versiegelung von Freiflächen - gibt es keine einfachen Lösungen. Ohne Frage ist der Neubau von Flächen fressenden Einfamilienhäuser in Hamburg abzulehnen. Neue Wohngebäude im Bestand müssen sich in ihrer Höhe in die Umgebung einfügen. Aus Sicht der LINKEN sind bereits versiegelte Areale wie das Messegelände (wo mehr als die Hälfte des Jahres die Messehallen leerstehen) für Wohnungsbau sehr gut geeignet. Auch ist vor dem geplanten Abriss eines Wohngebäudes zu prüfen, ob eine Sanierung nicht nachhaltiger ist als ein Neubau (Stichwort "graue Energie").

Grün für alle: Versiegelung stoppen – Artenvielfalt fördern, weil pflanzliches Grün die Grundlage allen Lebens ist. Ruhezonen fördern die Gesundheit und sind ein sozialer Treffpunkt. Sie bilden den Gegenpol zu Lärm und Hektik. Zudem bewirken weitere Verdichtungen durch Versiegelung von Grün- und unbebauten Flächen eine steigende Erwärmungen der Stadt

Ziel muss 'Netto Null' sein: kein weiterer Verlust an unversiegelten Flächen in Hamburg.

Statt immer mehr zu versiegeln, muss eine Entsiegelungsoffensive gestartet werden. Fangen wir mit dem ruhenden Verkehr an! Nehmen wir nicht länger hin, dass wertvolle städtische Flächen für die überdimensionierten Luxusbaracken der großen Supermärkte, umgeben von mindestens sportplatzgroßen Parkflächen, missbraucht werden. Parkplätze unter die Erde, mehrstöckige Nutzung der Gebäudeflächen und Nutzung der gewonnenen Flächen für öffentliches Grün: Parkplätze zu Parks!

Auch kleinste Flächen, z. B. auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen oder in Höfen, sollten begrünt oder zumindest entsiegelt werden. Projekte des Urban Gardenings mehr fördern. In den Bezirksämtern setzt DIE LINKE sich für einen Aus- und Umbau der Grünabteilungen ein. An der Begrünung der Stadt sollen auch die Quartiers- und Stadtteilbeiräte mitwirken.

Hamburg produziert zu viel Müll. Doch die Wegwerf- und Abrissgesellschaft hat keine Zukunft. Mehr noch als das Recycling muss deshalb in Zukunft auf die Vermeidung von Müll geachtet werden, vor allem durch die Reduktion von Einwegverpackungen. Vermeidung von Müll geht vor Recycling

Einführung eines verpflichtenden Becherpfandsystems unter Einbeziehung von Bäckereien, Gastro-Ketten und der Recyclingwirtschaft. Langfristig: Hamburg „plastikfrei“und,Verbrennung von Müll überwinden. DIE LINKE begrüßt deshalb Initiativen zur Müllvermeidung, zum Beispiel Unverpackt-Läden.

Abfall ist Rohstoff!

Auch beim Bau und der Modernisierung von Infrastruktur und Gebäuden muss die eventuelle Nachnutzung und das Recycling bereits in die Planung mit einbezogen werden. Das heißt, dass die verwendeten Baumaterialien langlebig und möglichst ökologisch sein müssen.

Noch immer werden Ressourcen für Gegenstände verschwendet, die nur sehr unregelmäßig genutzt werden, wie Bohrmaschinen oder Gartengeräte = Einrichtung öffentlicher Leih- und Reparaturläden sowie Bücherschränke, unterstützt bereits vorhandene Stadtteilinitiativen.

Überproduktion von Lebensmitteln lässt sich auf Hamburg-Ebene nicht lösen. Gegen die Verschwendung aber lässt sich etwas tun! Das Retten von Lebensmitteln aus Mülltonnen (containern“) muss straffrei werden. Noch besser ist, wenn Lebensmittel mit abgelaufenem Verfallsdatum, die aber noch essbar sind, gar nicht erst im Müll landen, und kostenfrei an Bedürftige abgegeben werden.

DIE LINKE fordert an einer grundlegenden Verkehrswende und will den Verkehr in der Stadt nach dem Vorbild von Kopenhagen radikal umbauen. Dort wird nicht mehr dem Autoverkehr, sondern Fuß, Rad, Bus und Bahn der Vorrang gegeben. Perspektivisch sind wir für eine autofreie Innenstadt bei kostenfreiem ÖPNV und setzen auf die Stadtbahn als kostengünstigere und schneller zu realisierende

Alternative auf bestimmten Streckenabschnitten in der Stadt. Flugverkehr will DIE LINKE radikal zurückdrängen. Flüge unter 600 km Entfernung soll es gar nicht mehr geben. Es muss ein striktes Nachtflugverbot am Hamburger Flughafen zwischen 22.00 und 06.00 Uhr eingehalten werden.

  1. Wie bewerten Sie das Engagement der Klimaschutzbewegung und der dort aktiven Organisationen und Initiativen (ForFuture, Extinction Rebellion, FossilFree, Umweltverbände)?

Wir begrüßen diese Initiativen sehr, ohne sie wäre die gesellschaftliche Debatte noch weiter zurück. Ohne den Druck aus zivilgesellschaftlichen Gruppierungen und Organisationen, die enge Zusammenarbeit mit ihnen und die breite gesellschaftliche Unterstützung wären z.B. unsere parlamentarischen Initiativen sofort zum Scheitern verurteilt.

  1. Wie sehen Sie die gegenwärtige Stimmung in der Bevölkerung zu diesem Thema? Wie wird sie sich Ihrer Ansicht nach entwickeln und wie wird das Ihre Politik beeinflussen?

Niemand kann in die Zukunft schauen. Wichtig für DIE LINKE ist aber, die großen Verursacher der Klimakatastrophe zur Rechenschaft zu ziehen! Dabei die Bürger_innen mitzunehmen, ihre Vorschläge zu organisieren und ernst zu nehmen, vom Stadtteil- bis zur Landesebene.

  1. Ist Ihnen bewusst, dass der Klimawandel die Weltexistenz der Menschheit und ihren bisher erreichten kulturellen und materiellen Stand, sowie die Existenz aller Ökosysteme grundlegend bedroht?

Ja, absolut!

  1. Können Sie erkennen, dass Klimaschutz als globales Thema eine andere Politik gegenüber den armen Ländern erfordert? Inwiefern hat das Einfluss auf Ihre politische Arbeit?

Hamburg macht keine originäre „Entwicklungspolitik“- das ist Sache der Bundesregierung-, hat aber Partnerstädte in aller Welt. Wir müssen unsere Hausaufgaben hier in der Stadt machen, können nicht mit dem Finger auf andere zeigen mit der Ausrede, Deutschland trüge doch so wenig zum globalen Klimagasausstoß bei. Also: Zwar global denken, aber lokal handeln!

  1. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass notwendige drastische Maßnahmen zum Klimaschutz sozial verträglich gestaltet werden?

Umweltschutz geht nicht ohne Umweltgerechtigkeit. Wer wenig Geld zur Verfügung hat, lebt in Hamburg überwiegend in Bereichen, die wenig Grün haben. Von Belastungen durch Lärm und Luftschadstoffe sind in erster Linie diejenigen betroffen, die sich kein Häuschen im Grünen leisten können und keine Möglichkeit haben, sich den Umweltbelastungen zu entziehen, deshalb fordern wir mehr Grünflächen in besonders sozial benachteiligten Stadtteilen. Aufwertung von Grünflächen an anderen Orten Hamburgs als Ersatz für den Wegfall von Flächen hilft den Menschen in den betroffenen Quartieren nicht weiter.

Klimaschutz, ausreichende Wohnraumversorgung, eine ökologische und soziale Verkehrsentwicklung, eine soziale und ökologische Entwicklung der Wirtschaftsstruktur – alles das muss integriert entwickelt werden, unter ernsthafter Beteiligung der Bevölkerung.

Wir wollen den öffentlichen Nahverkehr rasch ausgebaut sehen und die Preise gesenkt, damit noch mehr Menschen das Auto stehen lassen können.

Aus sozialen Gründen den Grundbedarf an Strom sehr günstig bereitstellen. Darüber hinaus gehender Verbrauch muss zunehmend teurer werden.

  1. Fühlen Sie sich gegenüber den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die FridaysForFuture tragen und um ihre Zukunft bangen, persönlich verantwortlich? Was sagen Sie ihnen?

Macht weiter, lasst Euch nicht in einen nicht vorhandenen Generationenkonflikt treiben und von selbsternannten „Experten“ in Misskredit bringen. Ihr macht großartige Arbeit für unseren einzigartigen und einen Planeten!

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