Wahlprüfsteine Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur e.V. vom 7.02.2020

1. Wissenschaftsstandort Hamburg

Welche Stärken und Schwächen hat der Wissenschaftsstandort Hamburg und wie kann dessen Attraktivität weiter gesteigert werden?

Zu den immer noch nicht behobenen Schwächen gehören auch in Hamburg die Themen mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen zugunsten der Förderung einzelner, sogenannter exzellenter Forschungsbereiche. Durch die kontinuierlich steigende Drittmittelfinanzierung wird die gesellschaftlich wichtige Grundlagenforschung zunehmend durch auf die Interessen großer Unternehmen zugeschnittene Teilbereichsforschung ersetzt. Die Qualität der Lehre nimmt dadurch stetig ab und die Beschäftigungsverhältnisse werden immer prekärer. Unseres Erachtens nach ist eine Wende in der Hochschulfinanzierung zugunsten des grundständigen Betriebs, statt einseitiger Förderung von „Leuchtturmprojekten“ dringend geboten.

2. Hochschulfinanzierung

In welchem Umfang sollen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungs-einrichtungen in Hamburg in der nächsten Legislaturperiode gefördert werden?

DIE LINKE fordert eine Dynamisierung der Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen um jährlich 3,5 Prozent, in der Erwartung, dass diese Mittel gerade auch der Lehre zugutekommen und zu einem Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen führen. Mit dem Zukunftsvertrag wird den Hochschulen auch von der Seite des Bundes mehr Geld zur Verfügung stehen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Mittel für die Entfristung von Beschäftigungsverhältnissen genutzt werden.

3. Karrierewege in der Wissenschaft

Mit Habilitation, Junior- und Tenure-Track-Professuren, Nachwuchsgruppenleitungen und weiteren Stellenkategorien gibt es eine wachsende Heterogenität wissenschaftlicher Karrierewege innerhalb Hamburgs sowie zwischen den Bundesländern. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Die Bemühungen der Hochschulen, die Karrierewege der Professuren zu flexibilisieren und zu vereinfachen, begrüßen wir. Allerdings muss schon auf dem Weg zur Promotion, im akademischen Mittelbau, angesetzt werden. Die schon angesprochene Abhängigkeit von Drittmitteln ebenso wie die chronische Unterfinanzierung führen zu Kettenverträgen, die den Beschäftigten meist gar keine Zeit für eine eigene Weiterqualifikation lassen und in dem Zuge wird die Förderung des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses untergraben. Vor diesem Hintergrund begleiten wir die Umsetzung der Rahmenvorgaben des Code of Conduct für gute Arbeit in der Wissenschaft weiterhin kritisch. DIE LINKE plädiert für alternative Karrierewege auch jenseits der Professur.

4. Habilitation

Welchen Stellenwert sollte die Habilitation in Zukunft innerhalb des Hamburger Hochschulsystems einnehmen?

Die Habilitation ist eine von mehreren Wegen, seine Befähigung für die Berufung auf eine Professur nachzuweisen. Sie sollte als eine von mehreren Möglichkeiten weiter erhalten bleiben.

5. Juniorprofessur

Soll es weiterhin befristete Juniorprofessuren (bzw. vergleichbare Positionen nach der Promotion) ohne Tenure Track in Hamburg geben?

Unbefristete Arbeitsverhältnisse sollten auch in der Wissenschaft die Regel sein. Stellen die Daueraufgaben in Forschung und Lehre erbringen, müssen unbefristet besetzt werden. Dies gilt unabhängig von der Karrierestufe oder Qualifikation der Wissenschaftler*innen.

6. Tenure Track

Halten Sie die Einführung von Tenure-Track-Professuren für ein wirksames Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren? Falls ja, planen Sie über das Bund-Länder-Programm hinausgehende oder das Programm ergänzende Initiativen zu ihrer Etablierung in Hamburg? Falls nein, welche Maßnahmen halten Sie für effektiver?

Tenure-Track-Professuren sind nur ein Mittel, um nachhaltigere Personalstrategien an Universitäten zu etablieren. Um prinzipielle Änderungen zu erreichen, benötigen wir eine generelle Debatte über Hochschulstrukturen und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen.  Auf dieser Grundlage sind viele Initiativen möglich, die über ein Bund-Länder-Programm hinausgehen und vom Land gefördert werden könnten. Persönliche Abhängigkeiten, Hierarchien, Leistungs- und Zeitdruck dürfen nicht länger kritische Wissenschaft behindern. Um für ihren Mitarbeiter*innen nachhaltig sichere Rahmenbedingungen vorhalten zu können, benötigen die Hochschulen eine sichere finanzielle und personelle Ausstattung.

7. Nachwuchspakt

Im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses haben die Hamburger Universitäten insgesamt 46 Tenure-Track-Professuren eingeworben und Hamburg hat sich entsprechend zur Schaffung von 46 zusätzlichen Lebenszeitprofessuren verpflichtet. Wie soll in Hamburg diesem Aufwuchs Rechnung getragen werden?

DIE LINKE setzt sich für eine bedarfsdeckende und verlässliche Grundfinanzierung der Hamburger Hochschulen ein. Wir fordern eine Dynamisierung der Grundfinanzierung um jährlich 3,5 Prozent, so dass allgemeine Preis- und Tarifsteigerungen mindestens ausgeglichen werden.

8. Departmentstruktur

In den vergangenen Jahren wird verstärkt ein Wandel von einer Lehrstuhl- hin zu einer Departmentstruktur an Universitäten diskutiert. Wie bewerten Sie die Departmentstruktur als mögliche Organisationsform für die Hamburger Universitäten?

DIE LINKE in Hamburg verfolgt die Debatte mit großem Interesse, denn unseres Erachtens nach hätte eine Departementstruktur im Gegensatz zur Lehrstuhlstruktur einige Vorteile. Durch die Implementierung von Departmentstrukturen wären die Stellen nicht mehr einzelnen Professuren zugeordnet, sondern dem Institut. Persönliche Abhängigkeitsverhältnisse könnten so aufgebrochen und in die Institutsstrukturen überführt werden.

9. Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Wie zeitgemäß ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz?

DIE LINKE ist der Überzeugung, dass nicht Flexibilisierung und Deregulierung, sondern im Gegenteil hervorragende Arbeitsbedingungen wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau ermöglichen. Ein Wissenschaftszeitvertragsgesetz als Sonderrecht in der Wissenschaft macht aus unserer Sicht nur dann Sinn, wenn daraus ein Wissenschaftsqualifizierungsgesetz wird, es also echte Mindeststandards für gute Arbeit in der Wissenschaft setzt.

10. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Wie lassen sich aus Ihrer Sicht familienfreundlichere Rahmenbedingungen für die Wissenschaft schaffen? In welchem Umfang wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode Dual Career Modelle oder den Ausbau der Kinderbetreuung an Hamburger Hochschulen für Studierende und Mitarbeitende fördern?

Zu guten Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft gehören auch familienfreundliche Rahmenbedingungen sowie der Ausbau der Kinderbetreuung an den Hamburger Hochschulen. Dafür werden wir uns auch in der nächsten Legislatur einsetzen.


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