Wahlprüfsteine Automobilclub von Deutschland vom 3.02.2020

1. Welche Ideen und Konzepte enthält Ihr Wahlprogramm, um die Arbeitsplätze in der Hamburger Automobilwirtschaft zu sichern und zukunftssicher zu machen? Wie wollen sie landesseitig die Rahmenbedingungen dafür anpassen? Planen Sie vielmehr auch in diesem Bereich einen Strukturwandel einzuleiten?

Weniger Auto- und Flugverkehr haben zur Folge, dass weniger Autos und Flugzeuge produziert werden müssen. Ein Elektroauto benötigt etwa 25% weniger Teile als ein Verbrenner, selbst bei 1:1-Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren sind Arbeitsplatzverluste unvermeidbar.

Hamburg ist kein herausragender Standort der Autoindustrie. Nur knapp 1% der Beschäftigten in Hamburg und Schleswig-Holstein arbeiten in der Autoindustrie. Das Problemfeld ist eher die Luftfahrtindustrie: geschätzt arbeitet jede_r Dritte der 78.000 Mitarbeiter_innen der Luftfahrtindustrie in Deutschland im Großraum Hamburg, das sind rd. 26.000 Menschen.

Das Hoffen auf technologische Durchbrüche kann nicht die Planung eines Konversionsprozesses ersetzen. Hamburg braucht einen Konversionsplan für die möglichen Krisenindustrien des Umbaus. Und dazu muss Hamburg das Wissen und Können der Arbeitnehmer_innen einbeziehen.

Die Verkehrswende, richtig ergänzt um eine geplante Konversion, bietet für die betroffenen Arbeitnehmer*innen z.B. neue Beschäftigungsmöglichkeiten in der Schienenfahrzeug- und Busherstellung.

2. Planen Sie konkrete Maßnahmen, wie eine Seilbahn oder neue U Bahnlinien, um den Verkehr in Hamburg in neue Bahnen zu leiten und die Stadt zu entlasten?

Seilbahnen sind sinnvoll an Orten, an denen z.B. erhebliche Höhenunterschiede auf kurzen Strecken überbrückt werden müssen. Solche Anwendungsfälle sind in Hamburg nicht wirklich vorhanden. Seilbahnen bieten erheblich weniger Kapazitäten als U- oder Stadtbahnlinien. Die als kapazitätsstark geltende Rheinseilbahn in Koblenz z.B. kann maximal 3.800 Personen/Stunde je Richtung transportieren. Das entspricht einem 10-Minuten-Takt mit einem 6teiligem U-Bahn-Triebwagen (DT5-Doppeltraktion).

DIE LINKE fordert eine Verlängerung der U4 von den Elbbrücken über Wilhelmsburg nach Harburg, der U2 nach Bergedorf und eine Anbindung von Lurup/Osdorfer-Born durch eine S-Bahn von Altona.

Für weitere Strecken wollen wir den Einstieg in eine Stadtbahn: ein Teilnetz im Osten zur Anbindung Jenfelds an die U3/U4 und S4; im Westen eine Querverbindung auf der Relation Siemersplatz-Arenen-Lurup-Schenefel; auf dem Ring 2 und Ring 3; auf der alten Linie 2 (Hoheluftchaussee etc.).

3. Wie soll die Zukunft des automatisierten Fahrens in Hamburg aussehen und wollen Sie dazu eigene Programme dazu auflegen?

Das automatisierte Fahren löst die Raum- und Umweltprobleme, die durch den überbordenden Autoverkehr (MIV) entstehen nicht. Deshalb lehnen wir den Aufbau einer umfassenden Infrastruktur aus öffentlichen Mitteln hierfür ab.

Sehr problematisch ist für uns, dass die Halter_innen weiterhin die Verantwortung für ihr Gefährt, aber faktisch keine Eingriffsmöglichkeiten mehr haben.

4. Welche Maßnahmen wollen Sie einleiten, um die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer in Hamburg und den Verkehrsströmen der Zukunft anpassen?

DIE LINKE setzt sich für eine Mobilität ein, die so umwelt- und klimaschonend wie möglich ist. Deshalb kann es nicht um eine "platte Gleichberechtigung" gehen, vielmehr muss der Vorrang auf Bus, Bahn, Fuß und Rad gelegt werden. Die jahrzehntelange Bevorzugung des Autoverkehrs muss beendet werden. Derzeit beansprucht übrigens jede*r Autofahrer*in (bei Tempo 50) rund 150 m2 öffentlichen Raumes für sich und das Fahrzeug. Radfahrer*innen kommen mit 40 m2 aus, Fußgänger*innen und ÖPNV-Nutzer*innen sogar mit 7-9 m2. Dementsprechend wollen wir den Straßenraum umverteilen für die Menschen, die sich stadt- und umweltverträglich fortbewegen.

5. Die Zulieferindustrie ist gerade in einer schweren Krise! Welche Instrumente wollen Sie nutzen um ein ausbluten der Branche in Hamburg und seinem Umland zu verhindern?

Die Automobil-Zulieferindustrie verlagert derzeit Fertigung, aber auch Forschung und Entwicklung, an Standorte mit geringeren Lohnkosten und weniger Arbeitsschutz.

Hamburg und die Metropolregion müssen zunächst die möglichen Folgen eines industriellen Umbaus abschätzen und dann über einen Konversionsbeirat gezielte Maßnahmen zum Arbeitsplatzerhalt einleiten. Im Übrigen siehe Antwort zur Frage 1.

6. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um in Hamburg Fahrverbote zum Umweltschutz zu wieder aufzuheben bzw. neue zu vermeiden?

Ein konsequentes Umsteuern auf stadt- und umweltverträgliche Verkehrsmittel entlastet die betroffenen Straßenabschnitte von den schädlichen Folgen des Autoverkehrs. Beispielsweise fordert DIE LINKE an der Habichtstraße einen verstärkten Busverkehr auf eigenen Busspuren oder an der Max-Brauer-Allee eine schrittweise Umstellung der Buslinien auf Oberleitungsbetrieb.

7. Wie wollen Sie die Klimaziele in Hamburg erreichen, ohne die freie und individuelle Mobilität einzuschränken?

Mobilität gehört aus unserer Sicht zur Daseinsvorsorge. Sie ist eine soziale Frage - und mit Blick auf die Klimakrise auch eine umweltpolitische Frage. 43 Prozent der Hamburger Haushalte haben kein Auto. Viele dieser Menschen müssen wegen der hohen Fahrpreise auf eine Beteiligung an Kultur, Bildung oder Freizeitvergnügen verzichten. Wir wollen im ersten Schritt eine HVV-Jahreskarte für 365 € einführen, für Schüler*innen, Rentner*innen sowie Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung soll die Jahreskarte sofort kostenfrei werden. In einem zweiten Schritt, bis 2025, strebt DIE LINKE einen für alle Nutzer*innen vollkommen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr an. Somit wird allen Menschen die freie und individuelle Mobilität in der Stadt gewährleistet.

Parallel zum Ausbau des ÖPNV und der Rad- und Fußverkehrsrouten ist der individuelle Autoverkehr stark zu beschränken. Ausgenommen sind z.B. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.

8. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit auch die Flotten der Regierungs- und Landesfahrzeuge zur Erreichung der Klimaziele beitragen? Was bedeutet das für den Landeshaushalt?

Wir unterstützen das Anliegen der Umstellung des städtischen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge. Das relativ gesehen große Bestellvolumen der öffentlichen Hand bundesweit kann bei den Herstellern die Umstellung der Produktion anstoßen, denn hierzu braucht es verlässliche Rahmenbedingungen.

9. Welche Bedeutung messen Sie dem Schutz von klassischen Fahrzeugen (Oldtimern) als technischem Kulturgut in der aktuellen Klimadiskussion bei? Mit welchen Regelungen wollen Sie diese ggf. vor Fahrverboten schützen?

Oldtimer sind ein unbedingt museal erhaltenswertes Kulturgut. Im Rahmen von Bildungsveranstaltungen sollen sie auch künftigen Generationen im Betrieb zugänglich sein, ähnlich wie die Dampflokomotiven der Museumsbahnen. Haben der AvD, VDA oder andere Zahlen, wie viele Menschen auf ihren Oldtimer als Fortbewegungsmittel angewiesen sind - und die deshalb aus Sicht der Interessenvertretung vor Fahrverboten zu schützen sind?

10. Welche konkreten Infrastruktur-Projekte werden Sie in der kommenden Legislaturperiode auf den Weg bringen? Wo gibt es nach Ihrer Einschätzung noch Lücken im Hamburger Verkehrswegenetz?

Auch bei einer Reduzierung des MIV sind für den notwendigen Wirtschafts-, Ver- und Entsorgungsverkehr etc. sowie für den Busverkehr Straßen und Brücken in einem guten Zustand notwendig. Und natürlich auch für den Radverkehr. Da ist insgesamt noch viel zu tun in Hamburg. Die Vorstellung der LINKEn zum ÖPNV-Ausbau haben wir bereits unter Nr. 2 beschrieben ((Verlängerung der U4 von den Elbbrücken über Wilhelmsburg nach Harburg, der U2 nach Bergedorf und eine Anbindung von Lurup/Osdorfer-Born durch eine S-Bahn von Altona; Wiedereinführung der Stadtbahn: ein Teilnetz im Osten zur Anbindung Jenfelds an die U3/U4 und S4; im Westen eine Querverbindung auf der Relation Siemersplatz-Arenen-Lurup-Schenefel; auf dem Ring 2 und Ring 3; auf der alten Linie 2 (Hoheluftchaussee etc.)).

Außerdem muss das Hamburger Schienennetz mittelfristig um eine Elbquerung im Westen der Stadt ergänzt werden.

11. Wie wollen sie den erhöhten LKW-Verkehr entgegenwirken vor dem Hintergrund einer steigenden Auslastung des Hamburger Hafens durch die zunehmende Nutzung der Nordpassage durch Eisfreiheit? Welchen Maßnahmen für den Hafen sehen sie in diesem Zusammenhang vor?

Derzeit stagniert der Containerumschlag im Hamburger Hafen eher und ist vom starken Wachstum der 1990er Jahre und den Prognosen der letzten Jahren weit entfernt. Den LKW-Verkehr wollen wir durch geeignete Streckenausbauten auf den Bahnverkehr verlagern, auch auf kurzen und mittleren Distanzen.

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