Wahlprüfsteine Berufsverband der BetreuerInnen e.V. vom 28.01.2020

1.            Reform des Betreuungsrechts

Im Mittelpunkt dieser anstehenden Reform muss stehen, das Betreuungsrecht konform zur UN-BRK weiterzuentwickeln. Dazu gehört, sich auf den Behindertenbegriff der UN-BRK zu beziehen und nicht allein auf Krankheitsbilder. Außerdem muss die unterstützte Entscheidungsfindung vorrangig vor der Stellvertretung als Kern der Betreuung angesehen werden.

Der BdB fordert:

  • Das Betreuungsrecht UN-BRK-konform zu reformieren. Das bedeutet insbesondere, dass
  1. im § 1896 BGB der neue Behindertenbegriff aufgenommen werden muss,
  2. in den §§ 1901, 1902 BGB der Vorrang der Unterstützung vor der Stellvertretung festgeschrieben werden muss,
  3. auch die Vorschriften zur Vollmacht an die UN-BRK angepasst werden müssen.
  • Betreuung als Beruf anzuerkennen und nicht nur als „beruflich ausgeübte Tätigkeit“ anzusehen.

Unterstützen Sie den Verband in dieser Forderung? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Wir unterstützen die Forderung das Betreuungsrecht UN-BRKkonform zu reformieren. Es ist ein guter Ansatz sich nicht allein auf Krankheitsbilder zu konzentrieren und die Würde der Betreuten in den Mittelpunkt zu stellen.

Betreuung sollte endlich als Beruf anerkannt werden.

Gerne wirken wir in Zusammenarbeit mit dem BdB im Rahmen unserer parlamentarischen Möglichkeiten bei der Umsetzung der Forderung mit.

2. Berufszulassung verbindlich regeln

Der Anteil beruflich geführter Betreuungen steigt kontinuierlich. Es gibt aber kein geregeltes Verfahren zur Bestellung als Betreuer/in und keine Anforderungen an Ausbildung und Qualifikation. Nach wie vor ist die Meinung verbreitet, Betreuung könne jede/r, die/der seine eigenen Angelegenheiten regeln könne. Defizite in Betreuungsqualität und Qualitätskontrolle sind die Folge und führen dann zu einer negativen öffentlichen Wahrnehmung der Betreuung.

Diese Situation ist nicht länger haltbar. Zum einen haben Betreuer die Möglichkeit, erheblich in die Grundrechte ihrer Klienten einzugreifen. Dann muss aber auch durch geeignete Regelungen sichergestellt werden, dass Betreuer fachlich und persönlich zu einem schonenden und sachgerechten Umgang mit den eingeräumten Kompetenzen in der Lage sind. Zum anderen ist Qualität für den BdB seit Jahren Grundvoraussetzung für gute Betreuungsarbeit.

Der BdB fordert:

  • Die Zulassung zur Betreuung ist bundeseinheitlich zu regeln auf der Grundlage von Mindestanforderungen an Ausbildung und Qualifikation. Hierzu ist ein bundesweites Berufsregister zu schaffen.
  • In der Konsequenz kann es nur noch eine einheitliche Vergütung geben. Zumindest die unterste Vergütungsgruppe, die einen Zugang zur Betreuung ohne besondere Voraussetzungen vorsieht, muss ersatzlos entfallen. Bereits tätige Betreuer/innen genießen Bestandsschutz.
  • Die sogenannte „Elferregel“ gem. § 1 VBVG muss entfallen.

Unterstützen Sie den Verband in dieser Forderung? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

DIE LINKE unterstützt die Forderung des BdB, die Berufszulassung verbindlich und bundeseinheitlich zu regeln und ein Berufsregister zu etablieren. Gerade weil Berufsbetreuer meist keinen engen persönlichen Bezug zu den Betreuten haben, wie es bei Familienangehörigen der Fall ist, sollte eine qualifizierte und praxisorientierte Ausbildung die Betreuungsqualität und die Würde der Betreuten sichern. Auch das Entfallen der sogenannten Elferregel unterstützen wir.

Wir unterstützen den Verband in seinen Forderungen in Bezug auf die Vergütung und Bestandsschutz. Jeder Mensch muss für Arbeit angemessen und teilhabesichernd bezahlt werden. Im Bundestag setzen wir uns seit 2017 für eine Erhöhung der Betreuer_innenvergütung um 15 % ein. DIE LINKE wird sich auch weiter an entsprechenden parlamentarischen Initiativen beteiligen oder sie selbst ins Leben rufen sowie Gesetzesentwürfe mit der genannten Zielrichtung aktiv unterstützen.

3. Evaluation des aktuellen Vergütungssystems

Der BdB muss feststellen, dass die steigenden Anforderungen an den Beruf und die wirtschaftlichen Bedingungen weiterhin nicht zusammen passen. Hier klafft eine eklatante Lücke. Auch die derzeit anstehende Vergütungserhöhung beseitigt dieses Missverhältnis bei Weitem nicht. Sie ist allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung zur Behebung der akuten Notsituation.

Diesem ersten Schritt müssen dringend weitere entscheidende Schritte folgen. Die ISG-Studie hatte bereits im bestehenden System festgestellt, dass 24 % zu wenig Zeit und 25 % zu wenig Geld zur Verfügung stehen. Für die UN-BRK-konforme Anpassung des Betreuungsrechts wurde ein weiterer Mehraufwand konstatiert.

Der BdB wird sich deshalb dagegen wehren, dass weitere verpflichtende, mit Mehraufwand verbundene Aufgaben eingeführt werden, ohne dass es zu einem finanziellen Ausgleich kommt.

Der BdB fordert:

  • Innerhalb der nächsten Legislaturperiode muss der Effekt der Vergütungsanpassung evaluiert und entsprechend nachgebessert werden.
  • Eine weitere deutliche Erhöhung der Vergütung muss erfolgen, um den Mehraufwand, der mit einer UN-BRK-konformen Reform des Betreuungsrechts verbunden ist, abdecken zu können, insbesondere für die unterstützte Entscheidungsfindung.
  • Das Vergütungssystem ist dahingehend zu reformieren, dass es sich am Betreuungsbedarf und dem notwendigen Betreuungsaufwand orientiert und nicht an Aufenthalt und Vermögenssituation der Klienten.
  • Künftig muss die Vergütung eines Betreuers rechtskraftfähig festgesetzt werden. Herabstufungen der Vergütung mit existenzbedrohenden Rückforderungen darf es nicht mehr geben.
  • Die Vergütung ist mit einem Dynamisierungsmechanismus zu versehen, der an die allgemeine Preisentwicklung angelehnt ist.

Unterstützen Sie den Verband in dieser Forderung? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Die hier genannten Forderungen unterstützen wir voll und ganz. Eine gute Entlohnung samt Dynamisierung, die unabhängig von der Vermögenssituation der Betreuten garantiert wird, entspricht unserem Anspruch an die Umsetzung würdiger Arbeitsbedingungen.

4. Professionalisierung des Berufs Betreuung

Im Staatenbericht des UN-Fachausschusses wird Deutschland aufgefordert, die rechtliche Betreuung in ein System der unterstützten Entscheidungsfindung zu überführen. Hierfür seien professionelle Qualitätsstandards zu entwickeln.

Strukturelle Veränderungen im Betreuungsrecht in Richtung einer Professionalisierung sind notwendig, um der hohen Verantwortung gegenüber den betroffenen Menschen gerecht werden zu können. Der Berufsstand kann auf über 20 Jahre Erfahrung zurückgreifen; in dieser Zeit wurde eine Fachlichkeit – wie u.a. das Betreuungsmanagement – entwickelt. Darauf kann aufgebaut werden.

Der aktuelle Diskussionsprozess zeigt auch, dass der Gesetzgeber die Fachlichkeit in der Betreuung nicht definieren kann. Diese muss daher dem Beruf selbst durch eine berufsständische Selbstverwaltung (Betreuerkammer) zugeschrieben werden. Nur auf diese Weise kann in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft, die in weiten Teilen noch etabliert werden muss, eine allgemeinverbindliche Fachlichkeit entwickelt werden.

Der BdB fordert:

  • Die Installierung einer berufsständischen Selbstverwaltung (Betreuerkammer) auf Grundlage eines Berufsgesetzes ist anzustreben.

Unterstützen Sie den Verband in diesen Forderungen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Die Installierung einer eigenen Berufskammer mag für die Qualitätssicherung zwar geeignet erscheinen, nach Auffassung DER LINKEN ist allerdings ein ständiger Dialog zwischen den Akteur_innen der Berufsbetreuung. Der Wissenschaft und den politisch Verantwortlichen ein

besserer Weg.

5. Zukunft der Betreuungsvereine

Betreuungsvereine gewinnen, beraten und schulen ehrenamtliche Betreuer/innen. Zudem informieren sie Interessierte über Vorsorgevollmachten, Betreuungs- und Patientenverfügungen. Diese sogenannten Querschnittsaufgaben sind gesetzlich vorgeschrieben und werden staatlich gefördert. Jeder Verein muss sie erbringen, um seine Anerkennung nicht zu verlieren. Allerdings sind die Querschnittaufgaben seit langem unterfinanziert und vielen Betreuungsvereinen fehlt mittlerweile das Geld, um ihren Auftrag zu erfüllen. Der Grund: Die zuständigen Landes-Sozialministerien haben ihre Förderung vielerorts eingestellt oder eingeschränkt.

Mit der unter Punkt 1 beschriebenen Sofortmaßnahme ist das Überleben der in wirtschaftliche Not geratenen Betreuungsvereine nur kurzfristig gesichert.

Der BdB fordert:

  • Die Fördermittel der Länder müssen neu strukturiert und vereinheitlicht werden. Hierfür schlägt der BdB ein Dreistufenmodell vor, das eine Basisförderung, Leistungsvereinbarungen und ein Prämiensystem vorsieht.

Unterstützen Sie den Verband in dieser Forderung? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Nach Auffassung DER LINKEN müssen insbesondere Betreuungsvereine von Länderseite besser und sicherer finanziell unterstützt werden. Das 3-Stufen-Modell klingt sehr sinnvoll.

Hierzu besteht jedoch noch Abstimmungsbedarf.

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